Grundlagen und Fortschritte der auf Prostataspezifisches Membranantigen abzielenden Therapien
PROSTATE CANCER Bellinzona – Das Prostata-spezifische-Membran-Antigen (PSMA) wurde 1987 entdeckt und hat sich seither zu einer wichtigen Zielstruktur in der pharmakologischen Behandlung des Prostatakarzinomes (PCa) entwickelt. Die PSMA-Expression in Krebszellen ist ungefähr 100 bis 1000 mal höher als im normalen Prostataepithel. Das Hauptziel der nachfolgend vorgestellten Studie, welche im Dezember 2023 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY vorab elektronisch publiziert wurde, bestand darin, die Hauptkonzepte der auf PSMA gerichteten Therapie zu erläutern und ihre klinische Entwicklung zu veranschaulichen. Hierzu führten die Autoren um Matteo Corpetti aus dem Institute of Oncology Research in Bellinzona eine Literatursuche auf Pubmed durch. Zu den wichtigsten PSMA-gerichteten Therapien zählt die Radioligandtherapie, wobei ein PSMA-Antikörper mit einem Radioliganden, beispielsweise Lutetium-177 oder Actinium-225 gekoppelt werden. Dies erlaubt die Applikation einer zielgerichteten, hohen Strahlendosis, welche wiederum Schäden in der DNA der Tumorzellen bewirkt. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) sind eine andere pharmakologische Gruppe, welche PSMA als Zielstruktur verwendet. Hier gelangt der Wirkstoff über den PSMA-Rezeptor in die Zelle. Zur Anwendung von ADC bei der Behandlung des PCas wurden bisher drei Studien durchgeführt, welche allerdings aufgrund bescheidener Ergebnisse bereits wieder beendet wurden. Ebenfalls noch nicht über den Studienstatus sind CAR-T-Zelltherapien gekommen, wie man sie beispielsweise aus der Behandlung hämatologischer Malignome kennt. Hierbei werden humane T-Zellen genetisch so verändert, dass sie ein spezifisches Tumorantigen erkennen und binden. Bisher konnte eine Phase-I Studie (NCT03089203) die Machbarkeit und Sicherheit in der Anwendung beim Prostatakarzinom aufzeigen. Eine sehr neue Therapiemöglichkeit stellen die sogenannten BiTE-Antikörper (Bi-specific T-cell Engagers) dar. Hier werden die Ketten von zwei verschiedenen Antikörpern kombiniert, so dass sie das gewünschte Tumorantigen sowie das Transmembranprotein CD3 auf T-Zellen binden. AMG340 ist einer der neusten PSMA-BiTE, der derzeit in einer Phase-I-Studie (NCT04740034) an Patienten mit metastasierendem kastrationsresistenten PCa getestet wird. Generell ist anzumerken, dass PSMA nicht nur durch Prostatagewebe exprimiert wird und somit alle PSMA gerichtete Therapien entsprechende Nebenwirkungen indizieren können. So wird PSMA beispielsweise in den proximalen Nierentubuli exprimiert. Die Niere stellt mitunter das wichtigste dosislimitierende Organ in der PSMA-Radioligandentherapie dar. Der Grad der PSMA-Expression auf der Zelloberfläche von Prostatakrebszellen ist entscheidend für die selektive Abtötung der Krebszellen. Entsprechend werden zukünftige Entwicklungen der PSMA-basierten Therapie darauf abzielen, die PSMA-Expression in den Krebszellen zu steigern. Aktuelle Erkenntnisse haben gezeigt, dass die Beeinflussung des Epigenoms durch pan-HDAC-Inhibitoren die PSMA-Expression erhöht. Allerdings ist der Einsatz von HDAC-Inhibitoren aufgrund deren Toxizität begrenzt. (fa)
Autoren: Corpetti M, Müller C, Beltran H, de Bono J, Theurillat JP. Korrespondenz: Jean-Philippe Theurillat, Institute of Oncology Research, Università della Svizzera italiana, Lugano, Switzerland. E-Mail: jean-philippe.theurillat@ior.usi.ch Studie: Prostate-Specific Membrane Antigen-Targeted Therapies for Prostate Cancer: Towards Improving Therapeutic Outcomes. Quelle: Eur Urol. 2023 Dec 15:S0302-2838(23)03278-5. doi: 10.1016/j.eururo.2023.11.018. Epub ahead of print. PMID: 38104015. Web: https://www.auajournals.org/doi/10.1097/JU.0000000000003766
KOMMENTAR Den Autoren des Institute of Oncology Research mit Sitz in Bellinzona ist eine sehr schöne und ausführliche Übersichtsarbeit über aktuelle und zukünftige PSMA-gerichtete Therapie sowie die biologischen und pathophysiologischen Grundlagen gelungen. Dem interessierten Leser ist ein Blick in die Originalpublikation empfohlen.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital