Überblick zu Behandlungsstrategien und neuen Therapieansätzen bei hämorrhagischer Zystitis
LOWER URINARY TRACT San Francisco – Dieses Literatur-Review von Kevin D. Li aus dem Department of Urology der University of California San Francisco und Kollegen beschäftigt sich mit einer qualitativen und quantitativen Zusammenfassung zum Thema der Hämorrhagischen Zystitis (HC). Nach den Autoren ist die HC eine Komplikation der Strahlentherapie (RT) oder Chemotherapie, die durch Hämaturie, untere Harnwegssymptome (LUTS) und/oder Blutgerinnung sowie lebensbedrohliche Blutungen gekennzeichnet sein kann. Es wird vermutet, dass die HC auf Störungen des Blasenurothels zurückzuführen ist. Die HC variiert in der Inzidenz je nach Ätiologie. Studien haben Inzidenzraten von etwa 11,1% nach RT bei Beckentumoren gezeigt (Prostata 11,1%, Gebärmutterhals 3% bis 6,7%, Blase 2% bis 10%) und von 5% bis 18% nach systemischer Cyclophosphamid- oder Ifosfamidtherapie. Die geschätzte kombinierte Inzidenz von durch Strahlentherapie und Chemotherapie verursachter HC liegt jährlich zwischen 50.000 und 125.000 Fällen. HC kann früh oder spät nach der Behandlung auftreten. Die Beginnzeiten reichen von Wochen bis Monaten für die Chemotherapie und bis zu 20 Jahren nach der Strahlentherapie. Risikofaktoren für strahlentherapieinduzierte HC sind eine höhere Gesamtstrahlendosis und eine grössere bestrahlte Blasenoberfläche. Chemotherapieinduzierte HC ist mit höheren Einzel- und kumulierten Chemotherapiedosen, der Anwendung von Androgenentzugsbehandlung und einer Vorgeschichte von transurethraler Resektion der Prostata (TURP) verbunden. Wie die Autoren in der Dezember-Ausgabe 2023 des BRITISH JOURNAL OF UROLOGY INTERNATIONAL deutlich machen, ist jedoch am wichtigsten bei der Aufarbeitung eine Zystoskopie und die Bildgebung des oberen Harntrakts, um Krebserkrankungen oder Steine auszuschliessen. In einer retrospektiven Studie an Männern mit Prostatakrebs, die mit Strahlentherapie behandelt wurden und mit Hämaturie und/oder LUTS vorstellig wurden, wiesen 9,7% bzw. 3,2% Blasentumoren oder -steine bei der Zystoskopie auf und bei 7% wurde eine Strahlenzystitis diagnostiziert. (cw)
Autoren: Li KD, Jones CP, Hakam N, Erickson BA, Vanni AJ, Chancellor MB, Breyer BN. Korrespondenz: Benjamin N. Breyer, Department of Urology, University of California San Francisco, 1001 Potrero Suite 3A, San Francisco, CA 94110, USA. E-Mail: benjamin.breyer@ucsf.edu Studie: Haemorrhagic cystitis: a review of management strategies and emerging treatments. Quelle: BJU Int. 2023 Dec;132(6):631-637. doi: 10.1111/bju.16140. Epub 2023 Aug 9. PMID: 37501638. Web: https://bjui-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/bju.16140
KOMMENTAR Diese Übersicht fasst die Inzidenz und Pathogenese von HC sowie aktuelle Evidenz zur Unterstützung verschiedener Behandlungsstrategien zusammen. Es gibt keinen Standard für die Behandlung von Patienten mit HC, obwohl bestehende Strategien wie Fulguration, hyperbare Sauerstofftherapie, Botulinumtoxin A und andere intravesikale Therapien in Kohortenstudien kurzfristige Wirksamkeit gezeigt haben. Neuartige Wirkstoffe, darunter liposomales Tacrolimus, sind vielversprechende Ansätze für weitere Forschung.
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital