Effekt eines kurzfristigen präoperativen Raucher-/Alkoholentwöhnungsprogramms vor Zystektomie bei invasivem Blasenkarzinom
BLADDER CANCER Kopenhagen – In der randomisierten STOP-OP-Studie von Susanne Vahr Lauridsen aus dem Department of Urology am Copenhagen University Hospital, Rigshospitalet in Dänemark und weiteren dänischen und schwedischen Kollegen wurde untersucht, ob ein präoperatives Raucher-/Alkoholentwöhnungsprogramm die Komplikationen nach einer Zystektomie aufgrund eines muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms reduziert. Die Studie beeinhaltete eine 6-wöchige Raucher- und/oder Alkoholentwöhnungsmaßnahme, die kurz vor der Operation begonnen und bis 4 Wochen danach fortgesetzt wurde. 104 Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder fünf Beratungssitzungen über einen Zeitraum von 6 Wochen oder folgten als Kontrollgruppe dem üblichen klinischen Behandlungspfad. Der Anteil der Patienten, bei denen mindestens eine Komplikation auftrat, war ähnlich in beiden Gruppen. Sekundäre Analysen ergaben, dass Patienten in der Interventionsgruppe jedoch insgesamt eine geringere Anzahl von Komplikationen aufwiesen, insbesondere weniger gastrointestinale Komplikationen, und doppelt so häufig mit dem Rauchen oder Alkoholkonsum vor der Operation aufhörten. Postoperativ traten konkret Komplikationen bei 64% in der Interventionsgruppe gegenüber 70% in der Kontrollgruppe auf (Risikoverhältnis [RR] 0,91; Konfidenzintervall [KI] 0,68 – 1,21; p = 0,51). Signifikant weniger Patienten in der Kontrollgruppe entwickelten nach 30 Tagen drei oder mehr Komplikationen (RR 0,39; KI 0,18 – 0,84; p = 0,01). Die Autoren geben in der elektronischen Vorabpublikation im März 2022 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY FOCUS an, dass die Rate der erfolgreichen Raucherentwöhnung bei 51% in der Interventionsgruppe und bei 27% in der Kontrollgruppe (RR 2; KI 1,14 – 3,51; p = 0,01) lag. (cw)
Autoren: Lauridsen SV, Thomsen T, Jensen JB, Kallemose T, Schmidt Behrend M, Steffensen K, Poulsen AM, Jacobsen A, Walther L, Isaksson A, Thind P, Tønnesen H. Korrespondenz: Susanne Vahr Lauridsen, Inge Lehmanns vej 7, 2100 Copenhagen, Denmark. E-Mail: susanne.vahr.lauridsen@regionh.dk Studie: Effect of a Smoking and Alcohol Cessation Intervention Initiated Shortly Before Radical Cystectomy-the STOP-OP Study: A Randomised Clinical Trial. Quelle: Eur Urol Focus. 2022 Mar 1:S2405-4569(22)00050-5. doi: 10.1016/j.euf.2022.02.005. Epub ahead of print. PMID: 35241394. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(22)00050-5
KOMMENTAR Rauchen ist die Hauptursache für vermeidbare Krankheiten und vorzeitigen Tod weltweit, doch die wirksame Umsetzung von Programmen zur Raucherentwöhnung in unserem Gesundheitssystem stellt eine große Herausforderung dar. Insgesamt konnte die Studie keinen Unterschied in ihrem primären Outcome zeigen (Auftreten von Komplikationen). Die Studie hat einige methodologische Schwierigkeiten, weshalb das Ergebnis nicht unbedingt die Wahrheit abbilden könnte. Die Klassifikation nach Clavien-Dindo, wie hier verwendet, scheint beispielsweise nicht der beste Outcome-Parameter zu sein (eine Alternative könnte der Comprehensive Auswirkungen eines gesunden Lebensstils bei Männern mit einem erhöhten genetischen Risisko für Prostatakarzinom
Complication Index darstellen). Darüber hinaus lag der mediane Zeitraum zwischen dem Einschluss in die Studie und der Operation bei nur 8 Tagen und der mediane Rauchstopp lag bei nur zwei Tagen. Somit war diese Studie für die notwendige Aussagekraft methodologisch falsch aufgestellt.
Am Luzerner Kantonsspital wurde unter der Leitung von Dr. Christian Fankhauser eine randomisierte kontrollierte Studie etabliert, bei der eine Clinical Nurse alle Patienten, die für eine elektive Operation vorgesehen sind, untersucht und insbesondere Rauchern ein intensives Programm zur Raucherentwöhnung anbietet (NCT05192837).
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital