Ein Update zum möglichen Zusammenhang zwischen Adipositas und männlicher Unfruchtbarkeit
ANDROLOGY Adelaide – Weltweit zeigt sich eine signifikante Zunahme von Adipositas. Während die Auswirkungen einer mütterlichen Adipositas auf Fertilität und Schwangerschaft gut untersucht sind, hat sich der wissenschaftliche Fokus in letzter Zeit vermehrt auf die Rolle des männlichen Übergewichtes und dessen Einfluss auf die Fertilität verlagert. Kürzlich veröffentlichte Metaanalysen legen einen negativen Effekt des männlichen Übergewichtes auf Spermiogrammparameter wie Gesamtzahl, Konzentration und Motilität der Spermien nahe. Schädigungen der Spermien-DNA sind typischerweise charakterisiert durch Doppelstrangbrüche und DNA-Oxidation und sind unabhängig voneinander mit einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten, reduzierte Erfolgschancen der assistierten Reproduktion sowie einer erhöhten Mutationsträgerschaft beim Kind assoziiert. In der Literatur finden sich widersprüchliche Daten in Bezug auf die Assoziation zwischen männlichem Übergewicht und Spermien-DNA Schädigung. Im Mausmodell zeigt sich jedoch ein deutlicher Zusammenhang zwischen Übergewicht und DNA-Schäden der Spermien. Limitationen aktueller Studien liegen in der grossen Heterogenität, der Verwendung des Body-Mass-Index als Indikator für Übergewicht sowie in den verwendeten technischen Detektionsmethoden für DNA-Schäden. Darüber hinaus sind Komorbiditäten des Übergewichtes (Insulinresistenz, Hypogonadismus, obstruktives Schlafapnoesyndrom) unabhängig mit einer erhöhten DNA-Schädigung der Spermien assoziiert. In der hier vorgestellten Studie präsentieren die Autoren um Andrew Peel vom Robinson Research Institute der University of Adelaide, Australien, ein Update der aktuellen Literatur. Zusammenfassend zeigt die aktuelle Literatur eine klare Assoziation zwischen Veränderungen im Spermiogramm und Adipositas. Hinsichtlich der Paternitätsrate bestehen widersprüchliche Angaben, jedoch besteht ein Zusammenhang mit geringeren Erfolgsraten bei assistierter Reproduktion und einer längeren Zeit bis zur natürlichen Konzeption. Aufgrund der Studienheterogenität ist hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen DNA-Schäden der Spermien und männlichem Übergewicht keine konklusive Schlussfolgerung möglich. Das vermehrte Vorkommen von Spermien-DNA-Schäden hat nicht nur Einfluss auf Konzeption und Schwangerschaft, sondern kann auch prädisponierend sein für Übergewicht weiterer Generationen. Wie die Autoren in der elektronischen Vorabpublikation im Februar 2023 beim Fachjournal ANDROLOGY ausführen, sind zu Spermien-DNA-Schäden und insbesondere deren genauen Mechanismen weitere Untersuchungen von Nöten. (fa)
Autoren: Peel A, Saini A, Deluao JC, McPherson NO. Korrespondenz: Nicole O. McPherson, Level 6 Aldelaide Health and Medical Sciences, The University of Adelaide, Adelaide 5005, South Australia, Australia. E-Mail: nicole.mcpherson@adelaide.edu.au Studie: Sperm DNA damage: The possible link between obesity and male infertility, an update of the current literature. Quelle: Andrology. 2023 Feb 15. doi: 10.1111/andr.13409. Epub ahead of print. PMID: 36789664. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/andr.13409
KOMMENTAR Bei der oben vorgestellten Studie handelt es sich um eine sehr umfassende Arbeit, welche die verschiedenen Effekte von männlichem Übergewicht auf die Fertilität sehr detailliert beschreibt. Auch wenn hinsichtlich direkter DNA-Schädigung durch Übergewicht noch Unklarheit besteht, sind die Pathomechanismen indirekter Effekte gut verstanden, so dass übergewichtigen Patienten mit unerfülltem Kinderwunsch auch im Hinblick auf andere positive Gesundheitseffekte ohne schlechtes Gewissen zu einer Gewichtsreduktion geraten werden kann.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital