Veränderungen der Bedeutung von stereotaktischer Radiotherapie bei metastasierten Nierenzellkarzinom
RENAL CELL CANCER Melbourne – Historisch galt das Nierenzellkarzinom als eine der am strahlenresistenten Krebsentitäten unter konventioneller Fraktion der Strahlendosis (< 5 Gy pro Fraktion). In-vitro-Studien konnten allerdings eine Eradikation von Nierenkrebszellen unter der Verwendung höheren Dosen pro Fraktion nachweisen. Die biologischen Hintergründe diesbezüglich sind noch nicht vollständig geklärt. In vivo erreichten stereotaktische Therapien hohe lokale Kontrollraten für lokalisierte und metastasierte Nierenzellkarzinome. Die veränderte Wahrnehmung der stereotaktischen Therapie im Kontext des Nierenzellkarzinoms führte zu einer vermehrten Anwendung dieser Therapieform. Dies bewog die Autoren um Muhammad Ali aus dem Department of Radiation Oncology am Peter MacCallum Cancer Centre in Melbourne, Australien, zu dem hier vorgestellten Review, welches die aktuelle Evidenz zur Verwendung der stereotaktischen Therapie beim lokalisierten und metastasieren Nierenzellkarzinom zusammenfasst. Für das Review wurden insgesamt 74 Studien ausgewertet. Die aktuellen Guidelines der EAU empfehlen die stereotaktische Radiotherapie als alternative Therapieform für Patienten, welche für eine chirurgische Therapie nicht qualifizieren und für andere lokaltherapeutische Verfahren (Thermoablation) nicht in Frage kommen. Im Setting des lokalisierten Nierenzellkarzinoms erreicht die stereotaktische Radiotherapie lokale Kontrollraten von über 90%, mit Auftreten von Nebenwirkungen der Grade 3 bis 4 in 0 bis 9% der Patienten. Ähnlich hohe lokale Kontrollraten wurden bei intrakranial metastasiertem Nierenzellkarzinom nachgewiesen (90 bis 97%). In 70 bis 90% der Patienten mit einem oligometastatischen Nierenzellkarzinom war die stereotaktische Radiotherapie in der Lage, die Bedürftigkeit einer systemischen Therapie um mindestens ein Jahr zu verzögern. Wie die Autoren in der Dezember-Ausgabe 2022 des Fachjournals EIROPEAN UROLOGY darstellen, scheint die Kombination der stereotaktischen Radiotherapie mit systemischer Therapie (bspw. Immuntherapie) im Setting des metastasierten Nierenzellkarzinoms sicher, tolerabel und durchführbar, wobei die Datengrundlage hierzu aktuell noch dünn ist. (fa)
Autoren: Ali M, Mooi J, Lawrentschuk N, McKay RR, Hannan R, Lo SS, Hall WA, Siva S. Korrespondenz: Muhammad Ali, 305 Grattan Street, Melbourne, Victoria 3000, Australia. E-Mail: muhammad.ali@petermac.org Studie: The Role of Stereotactic Ablative Body Radiotherapy in Renal Cell Carcinoma. Quelle: Eur Urol. 2022 Dec;82(6):613-622. doi: 10.1016/j.eururo.2022.06.017. Epub 2022 Jul 14. Erratum in: Eur Urol. 2022 Nov;82(5):e152. PMID: 35843777. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S030228382202468X
KOMMENTAR Die stereotaktische Radiotherapie scheint sich zunehmend als Therapieoption für Patienten, welche nicht für eine chirurgische Therapie in Frage kommen, anzubieten. Gerade in Kombination mit systemischen Therapien sind mehrere Studien im Gange beziehungsweise geplant, welche den Effekt einer «zytoreduktiven Strahlentherapie» oder einer neoadjuvanten stereotaktischen Strahlentherapie untersuchen und deren Resultate mit Spannung erwartet werden dürfen.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital