Abnahme des Onlineinteresse für urologische Krebserkrankungen während COVID-19-Pandemie
COVID-19 Rennes – Die Effekte der COVID-19-Pandemie auf die Gesellschaft und die Gesundheitssysteme sind unbestreitbar. Untersuchungen gehen davon aus, dass in der Urologie bis zu 40% der Konsultationen COVID-bedingt abgesagt und nicht nachgeholt wurden. Krebserkrankungen machen einen substanziellen Teil des urologischen Tagesgeschäftes aus. Bis zu 70% der Krebspatienten nennen das Internet als ihre primäre Informationsquelle hinsichtlich ihrer Erkrankung. Unter diesen Gesichtspunkten untersuchten Zine-Eddine Khene aus dem Department of Urology des Universitätsklinikums Rennes, Frankreich, und weitere französische Kollegen, was für einen Einfluss die COVID-19-Pandemie auf das Internetsuchverhalten hinsichtlich urologischer Krebserkrankungen hatte, wobei sie ein rückläufiges Interesse an urologischen Krebserkrankungen während der Pandemie postulierten. Für die Studie bedienten sich die Autoren Daten von Google Health Trends, welche das Suchinteresse mittels «realtive search volume» (RSV) quantifiziert, wobei die Wertskala von 0 (selten gesuchter Begriff) bis 100 (sehr häufig gesuchter Begriff) reicht. Die Daten wurden für den pandemischen Zeitraum Januar 2020 bis April 2021 erhoben, als Vergleich dienten Daten aus den Jahren 2018 und 2019. Weltweit zeigte sich ein sehr fluktuierendes Interesse an urologischen Krebserkrankungen während der Pandemie. Nachdem die WHO COVID-19 als Pandemie einstufte zeigte sich eine Abnahme des Onlineinteresse, am stärksten für Prostatakrebs. Die Abnahme für Suchanfragen zu Blasen- und Nierenkrebs hingegen fiel weniger deutlich aus. Nach Erreichen der Talsohle für alle drei Krebsarten nahm das Interesse ab April 2020 wieder zu. Länderspezifisch zeigte sich in den USA die stärkste Interesseabnahme, währenddessen in Schweden, das nur sehr zurückhaltend auf Eindämmungsmassnahmen setzte, keine Abnahme zur verzeichnen war. Im Vergleich zu den Vorjahren konnte weltweit eine deutliche Abnahme des durchschnittlichen RSV gezeigt werden, sowohl für Prostatakrebs (RSV 60 vs. 67,5) und Nierenkrebs (RSV 13 vs. 14) als auch Blasenkrebs (RSV 19,5 vs. 21). Auch hier wiederum zeigte sich die stärkste Abnahme in den USA. Die Abnahme in Schweden sowie Frankreich erreichte kein statistisches Signifikanzniveau. Während der COVID-19-Pandemie kam es in den USA zu einer 60-prozentigen Abnahme des PSA-Screening, was beispielsweise in Massachusetts zu einer 30-prozentigen Abnahme der Prostatakarzinomdiagnosen geführt hat. Im Vereinigten Königreich erwartet man zwischen 361 und 3.621 zusätzliche Krebstote aufgrund lock-down-bedingter verzögerter Diagnostik. Wie die Autoren in der März-Ausgabe 2022 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY OPEN SCIENCE festhalten, ist der konkrete Einfluss der COVID-Pandemie auf die Epidemiologie der urologischen Tumore noch unklar und bleibt abzuwarten. (fa)
Autoren: Khene ZE, Guérin S, Khene F, Pradère B, Roumiguié M, Mathieu R, Pignot G, Massard C, Neuzillet Y, Ploussard G, Bigot P, De la Taille A, Rouprêt M, Bensalah K; Members of the French Committee of Urologic Oncology CCAFU. Korrespondenz: Zine-Eddine Khene, Department of Urology, Rennes University Hospital, 2, rue Henri Le Guilloux, 35033 Rennes Cedex, France. E-Mail: zineddine.khene@gmail.com Studie: Online Public Interest in Urological Cancers During the COVID-19 Pandemic: What Can „Dr. Google“ Teach Us? Quelle: Eur Urol Open Sci. 2022 Mar;37:73-79. doi: 10.1016/j.euros.2022.01.002. Epub 2022 Jan 17. PMID: 35072118; PMCID: PMC8761543. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666168322000167
KOMMENTAR Eine sehr interessante Studie, welche wir uns im Hinterkopf behalten sollten, insbesondere falls es im Herbst zu einem erneuten Aufflammen der COVID-19-Pandemie kommen sollte.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital