Adjuvante Strahlentherapie nach radikaler Zystektomie bei muskelinvasivem Blasenkrebs im Hochrisikobereich
BLADDER CANCER Gent – Frühere Studien haben gezeigt, dass die externe Strahlentherapie (EBRT) nach radikaler Zystektomie (RC) die Häufigkeit von Lokalrezidiven des muskel-invasiven Blasenkarzinoms verringert, aber mit erhöhter Toxizität assoziiert ist. Diese historischen Kohorten sind jedoch mit der aktuellen RC- und EBRT-Technik womöglich nicht mehr vergleichbar. Daher wurde unter der Leitung von Valérie Fonteyne in dieser multizentrischen Phase-2-Studie die Toxizität und die lokalen Kontrolle nach adjuvanter EBRT mit der „volumetric arc“-Methode evaluiert. Hierzu hat die Arbeitsgruppe des Department of Radiotherapy-Oncology des Ghent University Hospital in Gent, Belgien, von 2014 bis 2020 insgesamt 72 high-risk Patienten (definiert als pT3 +/- lymphovaskuläre Invasion, pN1, weniger als 10 entfernte Lymphknoten oder R1) mittels RC und adjuvanter EBRT in die Studie eingeschlossen. Die Teilnehmer erhielten 50 Gy in 25 Fraktionen mit intensitätsmodulierter Strahlentherapie auf die pelvinen Lymphknoten ± Zystektomiebett. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 18 Monate. 42 Patienten (61%) erlitten eine akute Grad 2 gastrointestinale Toxizität (GI). Vier Patienten (6%) erlitten eine akute Grad 3 GI-Toxizität. Ein Patient hatte Grad 5 Durchfall und Erbrechen aufgrund einer Obstruktion nach einem Monat. Die Wahrscheinlichkeit, nach zwei Jahren eine GI-Toxizität des Grades 3 oder 2 zu entwickeln, lag bei 17% bzw. 76%. Akute Urotoxizitäten bei Patienten mit Neoblase (n=17) wurden mit Grad 2 und 3 bei 53% (n = 9) bzw. 18% (n = 3) berichtet. In der Dezember-Ausgabe 2021 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY FOCUS stellen die Wissenschaftler fest, dass die onkologische Kontrolle durch die adjuvante EBRT nach zwei Jahren sich wie folgt äusserte:
– 83 +/- 5% lokal rezidivfrei
– 43% klinisch rezidivfrei
– 52 +/- 7% Gesamtüberleben
– 62 +/- 7% Krebsspezifisches Überleben. (cw/um)
Autoren: Fonteyne V, Dirix P, Van Praet C, Berghen C, Albersen M, Junius S, Liefhooghe N, Noé L, De Meerleer G, Ost P, Villeirs G, Verbeke S, De Maeseneer D, Rammant E, Verghote F, Elhaseen E, De Man K, Decaestecker K. Korrespondenz: Valérie Fonteyne, Department of Radiotherapy-Oncology, Ghent University Hospital, Ghent, Belgium. Electronic address: Valerie.fonteyne@uzgent.be Studie: Adjuvant Radiotherapy After Radical Cystectomy for Patients with High-risk Muscle-invasive Bladder Cancer: Results of a Multicentric Phase II Trial. Quelle: Eur Urol Focus. 2021 Dec 7:S2405-4569(21)00304-7. doi: 10.1016/j.euf.2021.11.004. Epub ahead of print. PMID: 34893458. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(21)00304-7/fulltext
Kommentar
Die Prognose des high-risk muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms ist schlecht. Durch adjuvante Therapiemassnahmen, wie der Chemotherapie, oder künftig möglicherweise gestützt durch Immuntherapie, lässt sich die Prognose verbessern. Auch die adjuvante Bestrahlung könnte in gut selektionierten Patienten eine Variante darstellen, die jedoch bislang schlecht untersucht wurde und insbesondere durch die sehr grosse Variabilität hinsichtlich unterschiedlicher RC-Therapieansätze (neoadjuvante Chemotherapie wurde in dieser Studie beispielsweise bei etwa der Hälfte der Patienten verabreicht) und kleine Untersuchungskohorten, keine schlüssigen Ergebnisse zulässt. Erfreulicherweise konnte die Studie jedoch zeigen, dass die Toxizität weniger häufig und weniger schwerwiegend als in historischen Kohorten auftrat. (cw)
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital