Risiken durch silikonisierte Spritzen
MEDICAL RETINA São Paulo – Gustavo B. Melo aus der Augenklinik der Federal University of São Paulo / Paulista School of Medicine in São Paulo, Brasilien, weist zusammen mit Kollegen aus Israel und den USA auf das Risiko durch den verbreiteten Einsatz von silikonisierten Spritzen hin. Injektionen sind in der medizinischen Praxis eine häufig durchgeführte Massnahme. Lange Zeit galt dabei Silikon als inertes und harmloses Material. Jedoch kann Silikonöl schädliche Wirkungen entfalten, obwohl es jahrzehntelang in medizinischen Implantaten einschliesslich Herzklappen und Brustimplantaten sowie als Tamponade bei Operationen aufgrund von Netzhautablösung verwendet wurde. Das Schütteln der Spritze zum Entfernen von Luft zum Zeitpunkt der Arzneimittelzubereitung führt nicht nur zur Freisetzung von Silikonöl, sondern auch zur Aggregation von therapeutischen Proteinen. Laborstudien haben gezeigt, dass Silikonöl-Mikrotröpfchen als Adjuvans wirken können, welches eine Aufhebung der immunologischen Toleranz und die Induktion einer Antikörperreaktion fördert. In ähnlicher Weise haben neuere Studien einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Schütteln von silikonisierten Spritzen und Augenentzündungen nach intravitrealer Injektion nahegelegt. Systemisch wurde Silikonöl im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen und Hautgranulomen gebracht, entweder nach direkter Injektion von Hautfüllern oder sekundärer Leckage aus Silikon-Brustimplantaten. Bislang wurde jedoch noch kein möglicher Zusammenhang zwischen dem aus den Spritzen freigesetzten Silikonöl und solchen relevanten systemischen unerwünschten Ereignissen festgestellt. Wenigen Fachleuten ist bewusst, dass das Schütteln einer silikonisierten Spritze zur Freisetzung von Silikonöl führen kann, das wiederum zu einer erhöhten Immunogenität beiträgt. Die Autoren empfehlen in der Oktober-Ausgabe 2021 des INTERNATIONAL JOURNAL OF RETINA AND VITREOUS, dass in der medizinischen Fachwelt ein verstärktes Bewusstsein entwickelt werden sollte für die Verwendung von Silikonöl im Spritzenherstellungsprozess, für die Faktoren, die seine Freisetzung begünstigen und für die möglichen Komplikationen für den Organismus. Letztendlich sollten unbedenklichere Spritzen allgemein verfügbar gemacht werden. (bs)
Autor: Melo GB, Shoenfeld Y, Rodrigues EB. Korrespondenz: Gustavo Barreto Melo, Hospital de Olhos de Sergipe, Rua Campo Do Brito, 995, Aracaju, Brazil. E-Mail: gustavobmelo@yahoo.com.br Studie: The risks behind the widespread use of siliconized syringes in the healthcare practice. Quelle: Int J Retina Vitreous. 2021 Oct 30;7(1):66. doi: 10.1186/s40942-021-00338-0. PMID: 34717776; PMCID: PMC8557543. Web: https://journalretinavitreous.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40942-021-00338-0