Präoperative Trainingsmaßnahmen zur Optimierung der Kontinenzergebnisse nach radikalem Prostatektomie
PROSTATE Westmead/Sidney – Urininkontinenz ist eine häufige und bekannte Folgeerscheinung nach Prostatektomie mit nicht zu vernachlässigendem Einfluss auf die Lebensgewohnheiten und die Lebensqualität der betroffenen Patienten. Als Risikofaktoren für eine postoperative Inkontinenz wurden das Alter, der BMI, Länge der membranösen Urethra sowie Sphincter Insuffizienz identifiziert. Traditionelle Therapieansätze konzentrierten sich hauptsächlich auf die postoperative Phase (Rehabilitation) . Sean F Mungovan und Kollegen hben in der Mai-Ausgabe der Fachzeitschrift NATURE REWIEWS UROLOGY einen Literatur Review veröffentlicht, das die diversen Therapieanzätze verdeutlicht. Beispielsweise kann ein positiver Effekt auf die postoperative Inkontinenz mit Beckenbodentraining (pelvic floor muscle training (PFMT) und Ausdauertraining erreicht werden. Dem traditionell reaktiven Modell steht die Prehabilitation gegenüber, welche sich als umfassende Therapie mit Beginn präoperativ und postoperativer Fortführung versteht. Über den Zeitpunkt zum Beginnen der Prehabilitation besteht keine Einigkeit, es besteht eine beträchtliche Variation, schlussendlich auch in Abhängigkeit der unterschiedlichen nationalen Gesundheitssystemen. Die Vorteile einer Prehabilitation liegen neben der physiologischen Adaption auch in psychologischen Vorteilen (verminderte Angst, bessere Stimmungslage) mit, gemäss Autoren, signifikant positiven prä- und postoperativen Konsequenzen für den Patienten. Ebenfalls wenig Konsens herrscht hinsichtlich Umfang der präoperativen Beckenbodenübungen. Die Anzahl Sessionen pro Tag variiert genauso wie die Anzahl der Repetitionen pro Session. PFMT wurde 1948 erstmals von Arnold Kegel zur Behandlung der Stressinkontinenz der Frau beschrieben, wobei die klassischen Übungen insbesondere statisch ausgeführt werden und weniger in koordinativ dynamischen Abläufen, in welchen die Inkontinenz nach Prostatektomie typischerweise auftritt. Der Wirkmechanismus des PFMT wird in einer verbesserten Koordination, Aktivierung, Kraft und Ausdauer des Beckenbodenmuskulatur vermutet. Die Effekte können zusammen mit der Hypertrophie der Beckenbodenmuskulatur zu einem erhöhten Urethraldruck und somit besserem Verschluss führen. Die Evidenz hinsichtlich prä- als auch postoperativer PFMT ist allerdings unsicher, eine 2015 durchgeführte Cochrane Review aus 8 RTC mit 2736 Patienten konnte keine statistisch signifikante Verbesserung der Kontinenzrate durch postoperatives PFMT zeigen. Hinsichtlich präoperativem PFMT liegen Daten für eine Verbesserung der Kontinenz drei Monate postoperativ vor, allerdings konnte der Effekt sechs Monate postoperativ nicht mehr nachgewiesen werden. Die Autoren aus dem Westmead Private Hospital in Westmead, Australien,dass die zum jetzigen Zeitpunkt vorliegende Daten darauf hinweisen, dass ein PFMT Training zu einem rascheren Widererlangen der Kontinenz führen können bei positiver Risiko-Nutzen Verhältnis. Ein PFMT welches durch Gesundheitsfachpersonen instruiert wird, führt gemäss einer 2019 durchgeführten Meta-Analyse zu einer höheren Kontinenzrate sowie zu einem schnelleren Erreichen der Kontinenz als durch ohne Instruktion durchgeführtes PFMT. Ein ähnlicher Effekt zeigt sich für PFMT welches unter Biofeedbackkontrolle durchgeführt wird. (fa/um)
Autoren: Sean F Mungovan 1 2 3, Sigrid V Carlsson 4 5 6, Gregory C Gass 7 8, Petra L Graham 9, Jaspreet S Sandhu 4, Oguz Akin 10, Peter T Scardino 4, James A Eastham 4, Manish I Patel 11 12, Korrespondenz: 1 Westmead Private Physiotherapy Services, Westmead Private Hospital, Westmead, New South Wales, Australia. sean.mungovan@crinstitute.com.au. 2 The Clinical Research Institute, Westmead, New South Wales, Australia. sean.mungovan@crinstitute.com.au. 3 Department of Professions, Faculty of Health, Arts and Design, Swinburne University of Technology, Hawthorn, Victoria, Australia. sean.mungovan@crinstitute.com.au. 4 Urology Service at the Department of Surgery, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, NY, USA. 5 Department of Epidemiology and Biostatistics, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, NY, USA. 6 Institute of Clinical Sciences, Department of Urology, Sahlgrenska Academy at the University of Gothenburg, Gothenburg, Sweden. 7 The Clinical Research Institute, Westmead, New South Wales, Australia. 8 Physical Therapy Program, University of Jamestown, Fargo, ND, USA. 9 Department of Mathematics and Statistics, Macquarie University, Macquarie Park, New South Wales, Australia. 10 Department of Radiology, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, NY, USA. 11 Specialty of Surgery, Sydney Medical School, The University of Sydney, Sydney, New South Wales, Australia. 12
Department of Urology, Westmead Hospital, Westmead, New South Wales, Australia. Studie: Preoperative exercise interventions to optimize continence outcomes following radical prostatectomy, Quelle: Nat Rev Urol. 2021 May;18(5):259-281.doi: 10.1038/s41585-021-00445-5. Epub 2021 Apr 8. Web: https://www.nature.com/articles/s41585-021-00445-5
Kommentar
Die Prehabilitation im Bereich der Prostatektomie befindet sich sicherlich erst in ihren Anfängen, entsprechend verwundert es nicht, dass es noch kaum Standardisierungen gibt. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft der Prehabilitation vermehrt Wert beigemessen wird, mit damit einhergehendem Evidenzgewinn. Die Datenlage hinsichtlich präoperativem PFMT ist nicht eindeutig und die Heterogenität bezüglich Dauer und Modalität des Trainings gross. (fa)