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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Minimierung der Strahlendosis bei der Behandlung von Steinerkrankungen: Wie erreicht man ‚ALARA‘?

 

UROLITHIASIS Pittsburgh – Der Gebrauch ionisierender Strahlen in der Diagnostik ist aus der heutigen Medizin nicht mehr wegzudenken. Die Computer Tomographie (CT) ist die Methode der Wahl zur Diagnostik von Urolithen und findet sich entsprechend auch in den wichtigsten Guidlines als empfohlene bildgebende Modalität nebst der Sonographie in der Primärdiagnostik. Nebst dem CT ist die Fluoroskopie die wohl am häufigsten angewandte radiologische Untersuchungsmethode in der Urologie, sowohl im diagnostischen als auch im therapeutischen Rahmen. Die potentiellen stochiastischen als auch deterministischen Schäden durch radiologische Strahlung sind hinlänglich bekannt und so herrscht Einigkeit darüber, die Strahlendosis sowohl für Patienten und medizinisches Personal möglichst zu reduzieren. Im hier vorgestellen Artikel diskutieren die Autoren um David T Miller aus der urologischen Abteilung der University of Pittsburgh Medical Center in Pittsburgh, USA, die neuste Updates um radiologische Strahlung «As Low As Reasonably Achievable» (ALARA) zu halten. Deterministische Strahleneffekte sind in der Urologie bzw. der üblicherweise in der Urologie applizierten Strahlendosis nicht zu erwarten, eine umso grössere Wichtigkeit kommt jedoch den stochiastischen Effekten zu, insbesondere mitbedingt durch die häufig repetitiven diagnostischen und therapeutischen Procedere mitunter aufgrund der hohen Rezidivrate der Urolithiasis. Die durchschnittliche Anzahl CT Scans eines Patienten mit Nephrolithiasis beträgt 1.7. Die totale Strahlenbelastung für einen Patienten mit Nephrolithiasis wird im ersten Behandlunsjahr auf ca. 30 mSv geschätzt. Zum Vergleich, in der Schweiz beträgt die durchschnittliche, medizinisch bedingte Strahlenbelastung 1.4 mSv pro Person (Jahr 2008, BAG – Abteilung Strahlenschutz). Die Gesamtstrahlenbelastung in der Schweiz wird pro Person und Jahr mit 4-5 mSv angegeben. Patienten mit Nephrolithiasis sind also deutlich höheren Belastungen ausgesetzt, welche mitunter durch die gewählte Therapieform massgeblich beeinflusst werden. Die Strahlenbelastung einer PNL beträgt ca. 6.88 mSv, einer ESWL 1.63 mSv und die einer URS 1.13 mSv. Das Risiko einer durch die Nephrolithiasis bedingten, sekundären Malignität wird auf 0.096% sowie das Risiko dadurch bedingt zu versterben auf 0.085% geschätzt (Yecies et. Al, 2019) Die Strahlenbelastung des Operateur bei einer PNL wird mit 0.21 mSv angegeben. Die Strahlenbelastung eines Standard Nativ-CT zur Diagnostik beträgt ca. 11.2 mSv, die eines low-dose CT <3 mSv. Durch rekonstruktive Verfahren ist gemäss der Aussage der Autoren in der März-Ausgabe des Fachmagazins CURRENT OPINION IN UROLOGY, die diagnostische Genauigkeit sowie die Bildqualität der eines low-dose CT jener eines normalen CT mittlerweile ebenbürtig. Zur Diagnostik einer Nephrolithiasis sollte somit wann immer möglich ein low-dose CT durchgeführt werden. In der Nachsorge sollte, soweit klinisch vertretbar, auf Sonographie oder konventionelles Röntgen zurückgegriffen werden. Innerhalb des Operationssaales kann die Fluoroskopiezeit nach Angabe der Forscher durch einfache Massnahmen um 80% reduziert werden. Diese beinhalten Strahlenschutztraining, Tragen der Dosimeter sowie der Beizug mit urologischen Procedere verwandten Radiologietechnikern. Weiter lässt sich durch lasergesteuerte Organlokalisation und permanente Anzeige des letzten erstellten fluoroskopischen Bildes die Strahlenzeit weiter verkürzen. Durch die Verwendung einer low-dose Einstellung kann die Strahlendosis um bis zu 57% reduziert werden. Eine weitere Reduktion der Fluoroskopiezeit kann durch die Reduktion auf 4 Frames per Second (fps) für URS und PNL erreicht werden (URS 109.1 vs. 44.1 s, P<0.001, PNL 341.1 vs. 121.5 s, P<0.001). Hierbei wird auch eine Reduktion der Strahlendosis des sich im Raum befindlichen Personales um 60% erreicht. Zwischen den chirurgischen Resultaten soll kein Unterschied bestehen, so dass diese Einstellungen als Standardeinstellungen verwendet werden sollten. Berichte über den totalen Verzicht auf Fluroskopie liegen für URS und PNL vor, gemäss Autoren der entsprechenden Studien ohne Nachteile in Operationszeit, Steinfreiheits- und Komplikationsrate. (fa/um)

Autoren: David T Miller 1 , Michelle J Semins, Korrespondenz: 1 Department of Urology, University of Pittsburgh Medical Center, Pittsburgh, Pennsylvania, USA., Studie: Minimizing radiation dose in management of stone disease: how to achieve ‚ALARA‘, Quelle: Curr Opin Urol. 2021 Mar 1;31(2):115-119.doi: 10.1097/MOU.0000000000000845., Web:https://journals.lww.com/co-urology/Abstract/2021/03000/Minimizing_radiation_dose_in_management_of_stone.9.aspx

Kommentar

Die Autoren liefern eine schöne Übersicht um die Urolithiasis bedingte Strahlenexposition für Patient und medizinisches Personal möglich tief zu halten. Aufgrund der hohen Prävalenz von Steinleiden ist das relativ geringe individuelle Risiko einer sekundären Malignität nicht zu verachten. Hinzu kommt, dass die kumulative Strahlendosis für Patienten deutlich höher sein kann, beispielsweise durch weitere, nicht urologische, medizinische Anwendungen oder natürlichen Begebenheiten, bsp. natürliche Radonexposition in Abhängigkeit Wohnort. In vorliegender Studie wurde nur die Urolithiasis bedingte Belastung berücksichtigt. Nach dem Grundsatz «Primum non nocere» sollten wir die Strahlenbelastung insofern klinisch vertretbar und nach Verfügbarkeit der entsprechenden Techniken möglichst tief halten. Wobei für die breite Anwendung fluoroskopiefreier URS und PNL sicherlich weitere Evidenz nötig ist. Auf die Gefahr durch ionisierende Strahlen für das Behandlungsteam gehen die Autoren in ihrer Arbeit nicht explizit ein, bei täglicher Belastung während eines Arbeitslebens sollte nicht aber zuletzt auch aufgrund Eigeninteresse versucht werden, die Strahlenbelastung wo immer möglich und vertretbar möglichst tief zu halten. (fa)

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital