Herausforderungen bei der präklinischen Entwicklung von intraokularen Arzneimitteln
MEDICAL RETINA London – mechentel news – Die meisten Erblindungszustände treten aufgrund chronischer Pathologien der Netzhaut auf. In den letzten zwei Jahrzehnten haben antikörper-basierte Medikamente, die durch intravitreale Injektion direkt in den hinteren Bereich des Auges verabreicht wurden, die Behandlung chronischer Netzhauterkrankungen revolutioniert, die durch unkontrolliertes Blutgefässwachstum gekennzeichnet sind, wie die feuchte altersbedingte Makuladegeneration (nAMD), die diabetische Retinopathie (DR) und choroidale Neovaskularisation (CNV). Obwohl intravitreale Injektionen zu einem häufig durchgeführten ophthalmologischen Verfahren geworden sind, das eine reproduzierbare Dosis zur Maximierung der Arzneimittelexposition am Augenhintergrund bereitstellt, besteht die Notwendigkeit, die Häufigkeit und die kumulative Anzahl intravitrealer Injektionen zu minimieren. Dabei wird die Entwicklung länger wirkender intraokularer Therapien als eine Schlüsselstrategie verfolgt. Sahar Awwad aus der UCL School of Pharmacy in London, Vereinigtes Königreich, et al. beschreiben die präklinischen Herausforderungen, die dabei auftreten. Die pharmazeutische präklinische Entwicklung von intraokularen Arzneimitteln hängt stark von der Anwendung in Tiermodellen ab, um die Verträglichkeit im Auge, die Pharmakokinetik, die Bioverteilung und die Arzneimittelstabilität zu bestimmen. Tierische Augen unterscheiden sich von menschlichen Augen, z. B. in der Anatomie, der Organisation der makromolekularen Struktur des Glaskörpers, im Wasserausfluss und in der Immunantwort. All dies wirkt sich auf die Fähigkeit aus, präklinische Daten in ein klinisches Produkt zu übersetzen. Die Entwicklung länger wirkender galenischer Proteinformulierungen unter Verwendung von Tieren ist ebenfalls begrenzt, da Tiere menschliche Proteine abstossen. Präklinische Strategien berücksichtigen auch keine Unterschiede im Glaskörper aufgrund des Alterns und je nachdem ob eine Vitrektomie durchgeführt wurde. Intraokulare Präparate müssen sich im Glaskörper befinden und aus diesem aufgenommen werden. Daher muss der Formulierungswissenschaftler über Kenntnisse zur Glaskörperstruktur und -physiologie verfügen, um präklinische Entwicklungsstrategien zu entwerfen. Präklinische pharmazeutische Entwicklungsparadigmen, die verwendet werden, um Therapien für andere Verabreichungswege (z. B. oral, subkutan, pulmonal und intravenös) zu entwickeln, basieren auf der Verwendung präklinischer In-vitro-Modelle. Analoge pharmazeutische Strategien mit entsprechend gestalteten In-vitro-Modellen, die den intraokularen Stofftransfer zur Schätzung pharmakokinetischer Profile berücksichtigen können, können verwendet werden, um In-vitro-In-vivo-Korrelationen (IVIVCs) zu entwickeln, um die präklinische Optimierung langwirksamer intraokularer Formulierungen zu beschleunigen. Die erhaltenen Daten können dann in präklinische in vivo und klinische Studien einfliessen. Angesichts der mittlerweile weit verbreiteten Verwendung intravitrealer Injektionen ist es auch in frühen präklinischen Studien wichtig sicherzustellen, dass es einen praktikablen Regulationsweg für neue Therapien gibt. Wie die Autoren in der August-Ausgabe 2020 des EUROPEAN JOURNAL OF PHARMACEUTICS AND BIOPHARMACEUTICS schreiben, wird die Kenntnis der physiologischen, pharmazeutischen und regulatorischen Faktoren bei der Entwicklung langwirksamer intravitrealer Arzneimittel hilfreich sein, ein Gebiet, welches sich rasch zu einer eigenständigen pharmazeutischen Disziplin entwickelt. (bs)
Autoren: Awwad S, Henein C, Ibeanu N, Khaw PT, Brocchini S. Korrespondenz: Sahar Awwad, UCL School of Pharmacy, 29-39 Brunswick Square, London WC1N 1AX, United Kingdom. E-Mail: s.awwad@ucl.ac.uk Studie: Preclinical challenges for developing long acting intravitreal medicines. Quelle: Eur J Pharm Biopharm. 2020;153:130-149. doi:10.1016/j.ejpb.2020.05.005. Web: https://www.aaojournal.org/article/S0161-6420(20)30320-1