Entdeckung des Flammer Syndroms aus historischer und persönlicher Perspektive
GLAUCOMA Basel – mechentel news – Josef Flammer und Katarzyna Konieczka aus der Augenklinik der Universität Basel beschreiben aus der persönlichen Perspektive heraus die klinische und die Grundlagenforschung, die zur Beschreibung des Flammer-Syndroms geführt hat. Diese Forschung wurde durch die Beobachtung einer erhöhten Langzeitfluktuation von Gesichtsfeldern in einer Untergruppe von Glaukompatienten angestoßen. Da diese Patienten auffallend kalte Hände hatten, wurde der periphere Blutfluss mittels Kapillarmikroskopie untersucht und ein vasospastisches Syndrom diagnostiziert. Weitere Untersuchungen bei diesen Patienten zeigten häufig eine abgeschwächte Autoregulation des okulären Blutflusses und einen erhöhten Strömungswiderstand in retrookulären Gefäßen. Ihre Netzhautgefäße waren starrer und unregelmäßiger und reagierten schwächer auf Flackerlicht. Umfassendere Untersuchungen ergaben niedrigen Blutdruck, stille Myokardischämie, veränderte Herzfrequenzvariabilität, veränderte Genexpression in den Lymphozyten, leicht erhöhten Plasma-Endothelinspiegel und erhöhten systemischen oxidativen Stress. Diese Kombination von Anzeichen und Symptomen wurde besser durch den Begriff der primären vaskulären Dysregulation (PVD) als durch vasospastisches Syndrom beschrieben. Nachfolgende Studien zeigten zusätzliche Symptome, die häufig mit PVD zusammenhängen, wie niedriger Body-Mass-Index, kalte Extremitäten kombiniert mit leicht erhöhter Kerntemperatur, verlängerte Schlafbeginnzeit, vermindertes Durstempfinden, erhöhte Geruchsempfindlichkeit und auch gegenüber bestimmten Medikamenten sowie erhöhter retinaler Venendruck. Um das gesamte Syndrom besser charakterisieren zu können, wurde der Begriff Flammer-Syndrom (FS) eingeführt. Die meisten Probanden mit FS waren gesund. Dennoch schien FS das Risiko für bestimmte Augenkrankheiten zu erhöhen, insbesondere bei jüngeren Patienten. Diese umfassten das Normaldruckglaukom, die anteriore ischämische Optikusneuropathie, Netzhautvenenverschlüsse, das Susac-Syndrom und die zentrale seröse Chorioretinopathie. Hereditäre Erkrankungen, wie Lebersche Optikusneuropathie oder Retinitis pigmentosa, waren ebenfalls mit FS assoziiert, und FS-Symptome und -Zeichen traten häufiger bei Patienten mit Multipler Sklerose oder mit akutem Hörverlust auf. Die Autoren äußern sich im Mai 2017 im EPMA Journal dahingehend, dass weitere Forschung zu einer prägnanteren Definition des Flammer Syndroms führen sollte, zu einer präzisen Diagnose und Hilfestellungen zur Erkennung von Risikogruppen für assoziierte Krankheiten. Dieses könne letztlich zu einer effizienteren und individuelleren Therapie führen. (bs)
Autoren: Flammer J, Konieczka K. Korrespondenz: Department of Ophthalmology, University of Basel, Mittlere Strasse 91, CH-4031 Basel, Switzerland. E-Mail: katarzyna.konieczka@usb.ch Studie: The discovery of the Flammer syndrome: a historical and personal perspective. Quelle: EPMA J. 2017 May 22;8(2):75-97. doi: 10.1007/s13167-017-0090-x. eCollection 2017 Jun. Web: https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs13167-017-0090-x