Mehr ophthalmologische Versorgung weltweit erforderlich, um vermeidbare Visusverluste zu verhindern
REFRACTIVE London – mechentel news – Aktuelle Daten zu Ursachen von Sehbehinderungen und Blindheit bilden eine wichtige Grundlage für Empfehlungen zur öffentlichen Gesundheitspolitik. Die Aktualisierung der Global Vision Database durch kürzlich veröffentlichte Datenquellen ermöglichte die Modellierung von Ursachen eines Visusverlustes zwischen 1990 bis 2015, eine weitere Aufschlüsselung nach Ursachen und Prognosen bis 2020. S R. Flaxman aus dem Department of Mathematics and Data Science Institute am Imperial College London, UK, und Kollegen legten zusammen mit den Mitgliedern der Vision Loss Expert Group of the Global Burden of Disease Study dazu ein systematisches Review und eine Meta-Analyse vor. Sie analysierten veröffentlichte und unveröffentlichte populationsbasierte Daten über die Ursachen von Sehbehinderungen und Erblindungen von 1980 bis 2014. Dazu identifizierten sie populationsbasierte Studien, die vor dem 8. Juli 2014 veröffentlicht wurden, indem Online-Datenbanken ohne Sprachbeschränkungen (MEDLINE ab dem 1. Januar 1946 und Embase ab 1. Januar 1974 sowie die WHO Library Database) durchforstet wurden. Eine Reihe von Regressionsmodellen wurden angepasst, um den Anteil der mittelschweren oder schweren Sehbehinderung (definiert als Sehschärfe von < 6/18, aber ≥ 3/60 beim besseren Auge) und Blindheit (mit einer Sehschärfe von < 3/60 beim besseren Auges) nach Ursache, Alter, Region und Jahr abzuschätzen. Insgesamt wurden 288 Studien mit 3.983.541 Teilnehmern identifiziert, die Daten aus 98 Ländern lieferten. Bei der Weltbevölkerung mit mittelschwerer oder schwerer Sehbehinderung im Jahr 2015 (216,6 Millionen [80 % Unsicherheitsintervall: 98,5 bis 359,1 Millionen]) waren die Hauptursachen unkorrigierter Refraktionsfehler (116,3 Millionen [49,4 bis 202,1 Millionen]), Katarakt (52,6 Millionen [18,2 bis 109,6 Millionen]), altersbedingte Makuladegeneration (8,4 Millionen [0,9 bis 29,5 Millionen]), Glaukom (4,0 Millionen [0,6 bis 13,3 Millionen]) und diabetische Retinopathie (2,6 Millionen [0,2 bis 9,9 Millionen]). Bei der Weltbevölkerung, die 2015 blind war (36,0 Millionen [12,9 bis 65,4 Millionen]), waren die Hauptursachen Katarakt (12,6 Millionen [3,4 bis 28,7 Millionen]), unkorrigierter Refraktionsfehler (7,4 Millionen [2,4 bis 14,8 Millionen]) und Glaukom (2,9 Millionen [0,4 bis 9,9 Millionen]). Im Jahr 2020 wird die Zahl der Menschen mit unkorrigiertem Refraktionsfehler bei der Weltbevölkerung mit moderater oder schwerer Sehbehinderung (237,1 Millionen [101,5 bis 399,0 Millionen]) voraussichtlich auf 127,7 Millionen ansteigen (51,0 bis 225,3 Millionen), durch Katarakt auf 57,1 Millionen (17,9 bis 124,1 Millionen), durch altersbedingte Makuladegeneration auf 8,8 Millionen (0,8 bis 32,1 Millionen), durch Glaukom auf 4,5 Millionen (0,5 bis 15,4 Millionen) und durch diabetische Retinopathie auf 2,2 Millionen (0,2 bis 12,9 Millionen). Bis zum Jahr 2020 wird bei der Weltbevölkerung, die blind ist (38,5 Millionen [13,2 bis 70,9 Millionen]), die Zahl der wegen Katarakt erblindeten Patienten auf 13,4 Millionen (3,3 bis 31,6 Millionen) ansteigen, wegen unkorrigierter Refraktionsfehler auf 8,0 Millionen (2,5 bis 16,3 Millionen) und wegen Glaukom auf 3,2 Millionen (0,4 bis 11,0 Millionen). Katarakt und unkorrigierte refraktive Fehler trugen zusammen im Jahr 2015 zu 55 % der Erblindungen und 77 % der Sehbehinderungen bei Erwachsenen im Alter von 50 Jahren und älter bei. In dieser Altersgruppe unterschieden sich die Weltregionen deutlich in den Ursachen von Erblindung und Sehbehinderung mit einer geringen Prävalenz von Katarakt (< 22 % bei Erblindung und 14,1 – 15,9 % bei Sehbehinderung) und einer hohen Prävalenz altersbedingter Makuladegeneration (> 14 % der Erblindung) als Ursachen in den einkommensstarken Subregionen. Blindheit und Sehbehinderung in allen Altersgruppen im Jahr 2015 durch diabetische Retinopathie (Odds Ratio 2,52 [1,48 – 3,73]) und Katarakt (1,21 [1,17 – 1,25]) waren häufiger bei Frauen als bei Männern, während Blindheit und Sehbehinderung aufgrund von Glaukom (0,71 [0,57 – 0,86]) und Hornhauttrübung (0,54 [0,43 – 0,66]) bei Männern häufiger waren als bei Frauen; keine Geschlechtsunterschiede gab es im Zusammenhang mit altersbedingter Makuladegeneration (0,91 [0,70 – 1,14]). Die Autoren fassen in der Dezember-Ausgabe 29017 der Fachzeitschrift Lancet Global Health zusammen, dass die Anzahl der Menschen, die von den häufigen Ursachen des Sehverlustes betroffen sind, erheblich zugenommen hat, da die Bevölkerung ansteigt und älter wird. Vermeidbarer Sehverlust durch Katarakt (reversibel durch Operation) und Refraktionsfehler (reversibel durch Brillenkorrektur) führen bei Erwachsenen ab 50 Jahren weiterhin zu den meisten Fällen von Erblindung und mässiger oder schwerer Sehbehinderung. Um die vermeidbaren Verluste von Sehkraft zu bewältigen, sei eine wesentliche Ausweitung der Bereitstellung ophthalmologischer Versorgung erforderlich, um die steigenden Zahlen bewältigen zu können. (bs)
Autoren: Flaxman SR, Bourne RRA, Resnikoff S, Ackland P, Braithwaite T, Cicinelli MV, Das A, Jonas JB, Keeffe J, Kempen JH, Leasher J, Limburg H, Naidoo K, Pesudovs K, Silvester A, Stevens GA, Tahhan N, Wong TY, Taylor HR; Vision Loss Expert Group of the Global Burden of Disease Study. Korrespondenz: Prof Rupert R A Bourne, Vision and Eye Research Unit, Anglia Ruskin University, Cambridge CB1 1PT, UK. E-Mail: rb@rupertbourne.co.uk Studie: Global causes of blindness and distance vision impairment 1990–2020: a systematic review and meta-analysis. Quelle: Lancet Glob Health. 2017 Dec;5(12):e1221-e1234. doi: 10.1016/S2214-109X(17)30393-5. Web: http://www.thelancet.com/journals/langlo/article/PIIS2214-109X(17)30393-5/abstract