Berufserfahrung des Pathologen beeinflusst massgeblich die R1-Rate infolge einer radikalen Prostatektomie
PROSTATE Chicago – mechentel news – Positive Schnittränder (R1) bei der radikalen Prostatektomie infolge eines Prostatakarzinoms stehen mit einem erhöhten Risiko des biochemischen Rezidivs in Verbindung. Jacob E. Tallmann und Kollegen von der Pritzker School of Medicine sowie den Departments of Surgery, Public Health Sciences und Pathology der University of Chicago in Illinois, USA, untersuchten, ob die Erfahrung des Pathologen ein unabhängiger Prädiktor eines positiven Schnittrandes ist. Dazu führten die Wissenschaftler eine retrospektive Bewertung von 3557 Männern durch, die sich im Zeitraum von 2003 bis 2015 an der medizinischen Universität von Chicago einer radikalen Prostatektomie infolge eines lokalisierten Prostatakarzinoms unterzogen. Es wurden 29 verschiedene Pathologen begutachtet und mittels univariater und multivariabler logistischer Regressionen wurden Variablen untersucht, welche Einfluss auf die R1-Rate nehmen könnten. Insgesamt traten in 18,9 % der Fälle positive Schnittränder auf. Verglichen mit Patienten ohne positive Schnittränder, wiesen Patienten mit positiven Schnitträndern einen höheren Body-Mass-Index (im Mittel: 28,8 vs. 28,3), öfter einen Gleason-Score ≥ 7 (84 % vs. 66 %), häufiger eine extrakapsuläre Ausdehnung (51 % vs. 20 %) und einen höheren medianen PSA-(prostata specific antigen-)Wert (5,9 vs. 5,1 ng/ml) auf (für alle: p < 0,05). Die univariate logistische Regression offenbarte, dass sowohl die Erfahrung des Chirurgen als auch die des Pathologen (sowie ein Uro-pathologisches Fellowship-Training!) als Prädiktoren eines positiven Schnittrandes in Frage kommen (bei allen: p < 0,05). Multivariable Analysen bestätigten, dass eine verringerte operative als auch eine erhöhte pathologische Erfahrung, ein höherer Gleason-Score, ein höheres pathologisches Stadium und ein höherer PSA-Wert verlässliche Prädiktoren von positiven Schnitträndern waren. Mit zunehmender Erfahrung des Chirurgen sanken die R1-Raten (Quotenverhältnis [OR]: 0,79; 95 % Konfidenzintervall [CI]: 0,70-0,89), wohingegen es mit zunehmender Erfahrung des Pathologen – wenn auch zum nichtlinearen – Anstieg der R1-Raten kam (OR: 1,11; 95 % CI: 1,03-1,19). Die Autoren der im März 2017 vorab elektronisch in der Fachzeitschrift Urologic Oncology erschienen Studie fassen zusammen, dass eine hohe pathologische Erfahrung mit einer verbesserten R1-Rate infolge einer radikalen Prostatektomie einhergeht. Infolge dieser Befunde sollten Pathologen bei der Begutachtung von radikalen Prostatektomie-Präparaten einen erfahrenen Uro-Pathologen hinzuziehen. (ut)
Autoren: Tallman JE, Packiam VT, Wroblewski KE, Paner GP, Eggener SE. Korrespondenz: Jacob E. Tallman, B.A., Pritzker School of Medicine, The University of Chicago, Chicago, IL. Electronic address: tallmanj@uchicago.edu. Studie: Influence of pathologist experience on positive surgical margins following radical prostatectomy. Quelle: Urol Oncol. 2017 Mar 13. pii: S1078-1439(17)30070-4. doi: 10.1016/j.urolonc.2017.02.007. [Epub ahead of print]. Web: http://www.urologiconcology.org/article/S1078-1439(17)30070-4/abstract
KOMMENTAR Mit steigender Erfahrung des Urologen sank die R1-Rate in dieser Studie, wohingegen diese mit steigender Erfahrung des Pathologen stieg. Damit zeigt sich einmal mehr, dass (auch bei Pathologen) eine Lernkurve – wie zu erwarten – vorhanden ist: je mehr Fälle, desto akkurater die Diagnose. Nicht zu vergessen ist dabei, wie das Präparat bearbeitet wird. Daneben waren der BMI, der Gleason Score oder z. B. das Tumorstadium positiv mit der R1-Rate verbunden, was jedoch in der Literatur bereits bekannt ist. An der Universität Zürich wurde zudem gezeigt, dass die Rate an Gleason Upgrade nach Prostatektomie höher ist, wenn die Prostatastanzbiopsie extern, d. h. von einem niedergelassenen Pathologen gestellt worden ist [1]. Aber auch unter urologischen Fachpathologien liegt die Sensitivität, einen R1-Status zu detektieren (nachdem dieser von einem Experten-Gremium klar auf R1-definiert wurde) bei 83 % (95 % Konfidenzintervall 69 – 92 %) [2]. Nobody is perfect.
1. Mortezavi A, Keller EX, Poyet C, Hermanns T, Saba K, Randazzo M, et al. Clinical impact of prostate biopsy undergrading in an academic and community setting. World journal of urology. 2016;34(10):1481-90. 2. Evans AJ, Henry PC, Van der Kwast TH, Tkachuk DC, Watson K, Lockwood GA, et al. Interobserver variability between expert urologic pathologists for extraprostatic extension and surgical margin status in radical prostatectomy specimens. The American journal of surgical pathology. 2008;32(10):1503-12.