Review nach Cochrane Kriterien ergibt durch Studienlage nur geringe Evidenz für Makulaödem-Prophylaxe mit NSAIDs bei Kataraktchirurgie
CATARACT Singapur – mechentel news – Das Makulaödem (MO) ist die eine Ansammlung extrazellulärer Flüssigkeit in der zentralen Netzhaut (der Makula). Es kann nach einem kataraktchirurgischen Eingriff auftreten und kann zu einem schlechten visuellen Ergebnis führen, mit reduzierter Sehschärfe und Verzerrungen des zentralen Sehens. Ein MO ist oft selbstbegrenzend mit spontaner Auflösung, aber ein kleiner Anteil von Menschen mit einem chronisch anhaltenden MO kann schwer zu behandeln sein. Ein chronisches Ödem kann zur Bildung von zystischen Zwischenräumen in der Netzhaut führen, die als „zystoides Makulaödem“ (CMO) bezeichnet werden. Nicht-steroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) werden häufig in der Kataraktchirurgie verwendet und können das Risiko der Entwicklung eines MO reduzieren. Das Ziel der Review-Studie von Blanche X. Lim et al. aus dem Department of Ophthalmology am National University Health System in Singapur ist es die Frage zu beantworten: Existieren Hinweise, die eine prophylaktische Anwendung von topischen NSAIDs stützen, entweder zusätzlich oder anstelle von topischen Steroiden postoperativ, um die Inzidenz des Makulaödems (MO) und assoziierter visueller Morbidität zu reduzieren. Dazu wurden eine Reihe von elektronischen Datenbanken durchforstet, darunter CENTRAL, MEDLINE und Embase. Das Datum der letzten Suche war der 2. September 2016. Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), in denen erwachsene Teilnehmer wegen altersbedingter Katarakt operiert wurden. Teilnehmer wurden unabhängig von ihrem Grundrisiko für MO aufgenommen, insbesondere wurden Personen mit Diabetes und Uveitis eingeschlossen. Eingeschlossen wurden Studien mit präoperativer und/oder postoperativer Anwendung topischer NSAIDs in Verbindung mit postoperativen topischen Steroiden. Den Vergleich bildete die Anwendung von postoperativen topischen Steroiden allein. Einen sekundären Vergleich stellten präoperative und/oder postoperative topische NSAIDs allein gegenüber postoperativen topischen Steroiden allein dar. Zwei Review-Autoren wählten unabhängig voneinander die Studien für den Einschluss in die Auswertung aus, beurteilten das Bias-Risiko und extrahierten Daten mittels der von Cochrane erwarteten Standard-Methoden. Die Daten wurden mit einem Zufallseffekt-Modell gepoolt. Die Sicherheit der Hinweise wurde mittels GRADE eingestuft und Folgendes wurde berücksichtigt: Risiko des Bias eingeschlossener Studien, Präzision der Effektschätzung, Konsistenz von Wirkungen zwischen Studien, Direktheit der Ergebnismessungen und Publikationsbias. Insgesamt wurden 34 Studien identifiziert, die in Amerika, Europa, dem östlichen Mittelmeerraum und Südostasien durchgeführt wurden. Über 5000 Menschen wurden in diesen Studien randomisiert. Die Mehrheit der Studien nahm ein Auge pro Teilnehmer auf, eine kleine Teilgruppe (4 Studien) schrieb einen Anteil von Personen mit bilateraler Chirurgie ein. Achtundzwanzig Studien verglichen NSAIDs plus Steroide mit Steroiden allein. Sechs Studien verglichen NSAIDs mit Steroiden. Es wurde eine Vielzahl von NSAIDs angewendet, darunter Ketorolac, Diclofenac, Nepafenac, Indomethacin, Bromfenac, Flurbiprofen und Pranopfen. Der Nachbeobachtungszeitraum reichte von einem bis zu zwölf Monaten. Im Allgemeinen wurden die Studien schlecht berichtet. Keine der Studien wurde mit einem geringen Bias-Risiko in allen Bereichen bewertet. Sechs Studien wurden von der Industrie finanziert, sieben Studien wurden aus nicht-industriellen Quellen finanziert und der Rest der Studien machte keine Angaben über die Quelle der Finanzierung. Es ergaben sich Hinweise von niedriger Sicherheit dafür, dass Menschen, die topische NSAIDs in Kombination mit Steroiden erhalten, ein niedrigeres Risiko für ein schlechtes Sehvermögen aufgrund eines MO drei Monate nach der Kataraktchirurgie aufweisen im Vergleich zu Personen, die Steroide allein erhalten (Risk Ratio (RR) 0,41; 95 % Konfidenzintervall (KI) 0,23 – 0,76; Augen = 1360; Studien = 5; I2 = 5 %). Die Autoren beurteilten dies als ein Hinweis von niedriger Sicherheit aufgrund des Bias-Risikos in den eingeschlossenen Studien und aufgrund der Indirektheit, da das Ausmass des visuellen Verlust nicht immer klar war. Nur eine Studie berichtete über eine schlechte Sehkraft aufgrund MO nach 12 Monaten und dies wurde als Hinweis von sehr niedriger Sicherheit bewertet, da es sich nur um zwei Ereignisse handelte. Über die Lebensqualität wurde nur in einer der 34 Studien, die NSAIDs plus Steroide versus Steroide allein verglichen, berichtet und das nicht vollständig mit Ausnahme einer Bemerkung zum Fehlen von Unterschieden zwischen den Studiengruppen. Es gab Hinweise für ein verringertes Risiko von MO unter NSAIDs drei Monaten nach der Operation, aber auch diese wurden als von niedriger Sicherheit eingestuft aufgrund des Bias-Risikos und des Publikationsbias (RR 0,40; 95 % KI 0,32 – 0,49; Augen = 3638; Studien = 21). Es ergab inkonsistente Hinweise hinsichtlich der zentralen Netzhautdicke nach drei Monaten (I2 = 87 %). Die Ergebnisse reichten von -30,9 μm zugunsten von NSAIDs plus Steroiden bis zu 7,44 μm zugunsten von Steroiden allein. In ähnlicher Weise waren die Daten über die bestkorrigierte Sehschärfe (BCVA) inkonsistent, aber neun von 10 Studien, die über diesen Parameter berichteten, fanden zwischen den Gruppen Unterschiede der Sehschärfe von weniger als 0,1 logMAR. Keine der sechs Studien, die NSAIDs alleine mit Steroiden verglichen, berichteten über schlechte Sehkraft aufgrund eines MO drei oder 12 Monaten postoperativ. Es gab Hinweise von niedriger Sicherheit dafür, dass die zentrale Netzhautdicke in der NSAIDs-Gruppe nach drei Monaten niedriger war (mittlere Differenz (MD) -22,64 μm; 95 % KI -38,86 bis -6,43; Augen = 121, Studien = 2). Fünf Studien berichteten über MO und zeigten ein verringertes Risiko mit NSAIDs, aber die Evidenz wurde als von geringer Sicherheit eingestuft (RR 0,27; 95 % KI 0,18 bis 0,41; Augen = 520). Drei Studien berichteten über die BCVA nach drei Monaten und die Ergebnisse dieser Studien waren inkonsistent, aber alle drei Studien fanden Unterschiede von weniger als 0,1 logMAR zwischen Gruppen. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden nicht bemerkt – die bedeutsamste übereinstimmende Beobachtung waren brennende oder stechende Empfindungen nach der Anwendung von NSAIDs. Die Autoren kommen am Ende ihrer im November 2016 in der Cochrane Database of Systematic Reviews veröffentlichen Arbeit zu folgenden Schlussfolgerungen: Die Verwendung von topischen NSAIDs kann das Risiko der Entwicklung eines Makulaödems nach Kataraktchirurgie verringern, obwohl es möglich ist, dass aktuelle Schätzungen hinsichtlich des Ausmasses dieser Reduktion übertrieben sind. Es ist unklar, inwieweit diese Reduktion Auswirkungen auf die visuelle Funktion und Lebensqualität der Patienten hat. Es gibt wenig Evidenz dafür, einen bedeutsamen Effekt auf die Sehkraft postoperativ zu vermuten. Der Wert einer zusätzlichen Gabe von topischen NSAIDs zu Steroiden oder deren Verwendung als Alternative zu topischen Steroiden, um das Risiko eines schlechten Sehvermögens nach Kataraktchirurgie zu reduzieren, ist daher unsicher. Zukünftige Studien sollten die verbleibende klinische Unsicherheit angehen, ob prophylaktische topische NSAIDs von Nutzen sind, insbesondere im Hinblick auf die längerfristige Nachbeobachtung (mindestens 12 Monate) und sie sollten gross genug sein, um eine Verringerung des Risikos erkennen zu können, welches für die Patienten von grösstem Interesse ist, dem des chronischen Makulaödems, welches zu Sehverlust führt. (bs)
Autoren: Lim BX, Lim CH, Lim DK, Evans JR, Bunce C, Wormald R. Korrespondenz: Richard Wormald, Cochrane Eyes and Vision, ICEH, London School of Hygiene & Tropical Medicine, Keppel Street, London, WC1E 7HT, UK. E-Mail: r.wormald@ucl.ac.uk. Studie: Prophylactic non-steroidal anti-inflammatory drugs for the prevention of macular oedema after cataract surgery. Quelle: Cochrane Database Syst Rev. 2016 Nov 1;11:CD006683. Web: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD006683.pub3/abstract