Diagnostisches Potenzial der nicht-invasiven retinalen Gefässanalyse zur Beurteilung der mikrovaskulären Funktion

MISCELLANEOUS Leuven – Die Netzhaut ermöglicht eine nichtinvasive in-vivo-Beurteilung der Mikrozirkulation. Die Autoregulation der retinalen Mikrogefässe entspricht den wechselnden Anforderungen des lokalen Stoffwechsels und sorgt für einen ausreichenden Blutfluss. Die Analyse der retinalen Gefässreaktivität trägt zum Verständnis der regulatorischen Physiologie und ihrer Beziehung zur systemischen Mikrozirkulation bei. Die Autoren um Jan Van Eijgen von der Augenklinik des Universitätsklinikums UZ Leuven in Belgien haben eine Literaturrecherche zur Wirkung verschiedener akuter Stimuli auf die Netzhautvaskulatur nach den PRISMA-Richtlinien durchgeführt.
Medline, Embase, Web of Science und Cochrane Library wurden nach Publikationen zwischen dem 1.1.2005 und dem 17.10.2022 durchsucht. Insgesamt wurden 106 Studien eingeschlossen, die über das Gefässverhalten der Netzhaut gesunder Probanden als Reaktion auf physiologische und pathologische Stressoren berichten. Für jeden Stressor werden Tabellen mit methodischen Merkmalen bereitgestellt. Hypoxie, Hyperkapnie, grosse Höhe, Stimulation durch Flimmerlicht, Anstieg der Kerntemperatur, Blutdrucksenkung und der Zustand unmittelbar nach einem Ausdauertraining sind mit grösseren Netzhautgefässen assoziiert. Bei Hyperoxie, Hypokapnie, Blutdruckanstieg (Bayliss-Effekt) und dem Zustand während isometrischer Übungen besteht eine Assoziation mit kleineren retinalen Gefässen. Die Netzhautgefässe reagieren stark auf physiologische und pathologische Stressfaktoren. Diese Fähigkeit zur Autoregulation wird als Quelle für Biomarker der Gefässgesundheit angesehen.

Dynamische und statische retinale Gefässanalysen sind nicht-invasive Methoden zur Beurteilung der (mikro-)vaskulären Funktion. Die Erforschung ihres diagnostischen Potenzials und ihre Anwendung in der klinischen Praxis erfordern die Entwicklung standardisierter Beurteilungsmethoden, für die die Autoren in der im November 2024 beim Fachjournal SURVEY OF OPHTHALMOLOGY erschienenen Publikation einige Empfehlungen geben. (bs)

Autoren: Van Eijgen J, Van Winckel L, Hanssen H, Kotliar K, Vanassche T, Van Craenenbroeck EM, Cornelissen V, Van Craenenbroeck AH, Jones E, Stalmans I. Korrespondenz: Jan Van Eijgen, Department of Ophthalmology, University Hospitals UZ Leuven, Leuven, Belgium. E-Mail: janvaneijgen@hotmail.com Studie: Retinal vessel analysis to assess microvascular function in the healthy eye: A systematic review on the response to acute physiological and pathological stressors. Quelle: Surv Ophthalmol. 2024 Nov 24:S0039-6257(24)00140-1. doi: 10.1016/j.survophthal.2024.11.008. Epub ahead of print. PMID: 39592075. Web: https://www.surveyophthalmol.com/article/S0039-6257(24)00140-1/fulltext