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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Review zur Frage der sofortigen oder verzögerten Entfernung des Dauerkatheters nach akutem Harnverhalt bei Männern

LOWER URINARY TRACT Oslo – Der akute Harnverhalt ist einer der häufigsten urologischen Notfälle. Die Akuttherapie besteht in der Einlage eines Dauerkatheters (DK). Die Meinungen darüber, wie lange der Katheter in situ bleiben sollte, gehen auseinander. Die allgemeine Empfehlung lautet, den DK einige Tage in situ zu belassen, wobei mit zunehmender Verweildauer auch mit einem erhöhten Komplikationsrisiko zu rechnen ist. Die Alternative besteht darin, den DK direkt nach der Blasenentleerung zu entfernen. Die wissenschaftliche Evidenz, inwieweit eine Methode der anderen überlegen ist, ist sehr gering. Das hier vorgestellte systematische Review von Veronika S. Christensen et al. von der Faculty of Medicine der University of Oslo, Norwegen, wollte dies ändern und verglich die Spontanmiktionsrate nach sofortiger und verzögerter DK-Entfernung bei Männern, die bei akutem Harnverhalt transurethral katheterisiert worden waren. Studien zur suprapubischen Katheterisierung, postoperativen/perioperativen Katheterisierung und traumabedingtem Harnverhalt wurden ausgeschlossen. Insgesamt wurden 61 Studien in die Auswertung eingeschlossen. In zwei randomisierten kontrollierten Studien (RCT) mit insgesamt 174 Teilnehmern betrug die relative Erfolgsrate 1,22 (95% KI 0,84 – 1,76) zugunsten der verzögerten DK-Entfernung. In zwei vergleichenden Kohortenstudien mit 642 Teilnehmern betrug die relative Erfolgsrate 1,18 (0,94 – 1,47) zugunsten des verzögerten DK-Entfernung. Vier Studien mit insgesamt 409 Patienten berichteten über eine Erfolgsrate von 47% (29 – 66) nach sofortiger DK-Entfernung. Zweiundfünfzig Studien mit 12.489 Teilnehmern berichteten eine Erfolgsrate von 53% (49 – 56) für die verzögerten DK-Entfernung. Wie die Autoren in der August-Ausgabe 2024 des BJU INTERNATIONAL COMPASS zusammenfassen, konnte keine klare Evidenz für die Überlegenheit einer der beiden Strategien gezeigt werden. (fa)

Autoren: Christensen VS, Skow M, Flottorp SA, Strømme H, Mdala I, Vallersnes OM. Korrespondenz: Odd Martin Vallersnes, Department of General Practice, University of Oslo, Oslo, Norway. E-Mail: o.m.vallersnes@medisin.uio.no Studie: Immediate or delayed trial without catheter in acute urinary retention in males: A systematic review. Quelle: BJUI Compass Volume 5, Issue 8 p. 732-747 doi: 10.1002/bco2.369. Epub 2024 May 14. Web: https://bjui-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bco2.369

KOMMENTAR Die Studie ist aufgrund ihrer Relevanz für den klinischen Alltag zu begrüssen. Die Heterogenität der eingeschlossenen Studien ist jedoch nicht zu vernachlässigen, ebenso wie das Bias-Risiko. Die Evidenzstärke der eingeschlossenen Studien wird mit maximal niedrig bewertet. Auf die Auswertung sekundärer Endpunkte (Komplikationen, Patientenzufriedenheit) musste aufgrund der inkonsistenten Datenlage gänzlich verzichtet werden.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital