Cranberry-Produkte oder erhöhte Flüssigkeitszufuhr bei Harnwegsinfekten
INFECTIOUS DISEASES Gold Coast – In dieser systematischen Übersicht und Metaanalyse von Christian Moro et al. von der Faculty of Health Sciences and Medicine der Bond University in Gold Coast, Queensland, Australien, wurden randomisierte kontrollierte Studien aus PubMed, Embase und Cochrane CENTRAL analysiert. Der primäre Endpunkt war die Anzahl der Harnwegsinfektionen (UTI), sekundäre Endpunkte waren UTI-Symptome und Antibiotikaverbrauch. Eine Risikoabschätzung erfolgte mit dem Cochrane Risk Assessment Tool, die Evidenzqualität wurde nach dem Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation (GRADE) bewertet. Insgesamt wurden 20 Studien mit 3.091 Teilnehmern eingeschlossen. 18 Studien zeigten, dass Cranberrysaft die UTI-Rate im Vergleich zu Placebo und um 54% und im Vergleich zu Placeboflüssigkeit um 27% senkte. Cranberrysaft reduzierte auch den Antibiotikaverbrauch um 49% im Vergleich zu Placebo und um 59% im Vergleich zu keiner Behandlung. Cranberry-Produkte reduzierten auch die Häufigkeit von UTI-Symptomen. Mit moderater bis geringer Sicherheit unterstützt die Evidenz die Verwendung von Cranberrysaft zur Prävention von Harnwegsinfektionen. In der elektronischen Vorabpublikation im Juli 2024 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY FOCUS kommen die Autoren zu dem Schluss, dass, obwohl eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme die UTI-Rate im Vergleich zur Nichtbehandlung reduziert, Cranberry-Produkte in flüssiger Form bessere klinische Ergebnisse hinsichtlich der Reduktion von UTI und des Antibiotikaverbrauchs bieten und in Betracht gezogen werden sollten. (cw)
Autoren: Moro C, Phelps C, Veer V, Jones M, Glasziou P, Clark J, Tikkinen KAO, Scott AM. Korrespondenz: Christian Moro, Faculty of Health Sciences and Medicine, Bond University, Gold Coast, QLD 4226, Australia. E-Mail: cmoro@bond.edu.au Studie: Cranberry Juice, Cranberry Tablets, or Liquid Therapies for Urinary Tract Infection: A Systematic Review and Network Meta-analysis. Quelle: Eur Urol Focus. 2024 Jul 18:S2405-4569(24)00122-6. doi: 10.1016/j.euf.2024.07.002. Epub ahead of print. PMID: 39030132. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(24)00122-6/fulltext
KOMMENTAR Da mehr als 50% der Frauen mindestens einmal pro Jahr eine Harnwegsinfektion erleiden und die Prävalenz antimikrobieller Resistenzen zunimmt, ist es wichtig, die Evidenz für potenzielle nicht-medikamentöse Interventionen zu klären. Diese Studie vergleicht die Wirkung von Cranberrysaft, Cranberry-Tabletten und erhöhter Flüssigkeitszufuhr bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen und unterstützt die Verwendung. Die Kombination von erhöhter Flüssigkeitsaufnahme und Cranberry hat in der Literatur zu Verwirrung geführt, da beide Faktoren die Ergebnisse beeinflussen. Obwohl viele Studien die Wirksamkeit von Cranberries unterstützen, kann ein direkter Vergleich mit erhöhter Flüssigkeitsaufnahme oder Placebos, die Flüssigkeit enthalten, minimale Unterschiede zeigen. Die Empfehlung lautet daher, Cranberry-Präparate mit einer erhöhten Flüssigkeitszufuhr zu kombinieren. Der genaue Wirkstoff in Cranberries ist unbekannt, aber Proanthocyanidine, die das Wachstum bestimmter Bakterien und Pilze hemmen, könnten eine Rolle spielen.
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital