Wann ist eine konservative Therapie bei akuter Urolithiasis und perinenalem Stranding möglich?
UROLITHIASIS Zürich – Bei Patienten mit Ureterolithiasis wird häufig ein perirenales Stranding in der nicht kontrastmittelverstärkten Computertomographie beobachtet. Da das Stranding durch Risse im Sammelsystem verursacht werden kann, haben frühere Studien ein erhöhtes Risiko für infektiöse Komplikationen beschrieben und eine breite empirische Antibiotikatherapie und sofortige Entlastung des oberen Harntrakts vorgeschlagen. In dieser Zürcher Studie von Nico C. Grossmann und Davide Ardizzone sowie weiteren Kollegen wurde die Hypothese aufgestellt, dass diese Patienten auch konservativ behandelt werden können. Daher wurden retrospektiv Patienten mit Ureterolithiasis und Stranding identifiziert und diagnostische und therapeutische Faktoren sowie Behandlungsergebnisse zwischen Patienten verglichen, die eine konservative versus interventionelle Behandlung durch Ureterstenting, perkutane Drainage oder primäre ureteroskopische Steinentfernung erhielten. Stranding wurde basierend auf dem radiologischen Ausmass als leicht, mässig oder schwer klassifiziert. Von 211 Patienten wurden 98 konservativ behandelt. Patienten in der Interventionsgruppe hatten grössere Harnleitersteine, häufiger eine proximale Harnleitersteinlage, schwereres Stranding, höhere systemische Infektwerte und auch im Urin, höhere Kreatininwerte und erhielten häufiger Antibiotikatherapie. Die Gruppe mit konservativer Therapie hatte eine spontane Steinpassage von 77%, während 23% später eine Intervention benötigten. In den Interventions- und Konservativgruppen entwickelten 4% bzw. 2% der Patienten eine Sepsis. Keiner der Patienten in beiden Gruppen entwickelte einen perirenalen Abszess. Der Vergleich des Grades des Strandings zwischen leicht, mässig und schwer in der konservativ behandelten Gruppe zeigte keinen Unterschied in der spontanen Steinpassage und infektiösen Komplikationen. In der im Februar 2023 in der Fachzeitschrift UROLITHIASIS veröffentlichten Studie zeigte zusammenfassend somit das konservative Management ohne prophylaktische Antibiotika für Ureterolithiasis und Stranding eine mögliche Behandlungsoption, solange keine klinischen oder laboratorischen Anzeichen für Nierenversagen oder Infektionen vorliegen. (cw)
Autoren: Grossmann NC, Ardizzone D, Hermanns T, Keller EX, Fankhauser CD. Korrespondenz: Nico C. Grossmann, Department of Urology, University Hospital Zurich, Frauenklinikstr. 10, 8091, Zurich, Switzerland. E-Mail: nico.grossmann@gmail.com Studie: Is conservative management safe in patients with acute ureterolithiasis and perirenal stranding? Quelle: Urolithiasis. 2023 Feb 22;51(1):40. doi: 10.1007/s00240-023-01411-z. PMID: 36810953; PMCID: PMC9944580. Web: https://link.springer.com/article/10.1007/s00240-023-01411-z
KOMMENTAR Perirenales Stranding kann als sekundäres radiologisches Zeichen hauptsächlich bei Patienten mit Pyelonephritis oder Harnleiterobstruktion beobachtet werden. Während Stranding bei Patienten mit Pyelonephritis mit Fieber und erhöhten Entzündungsmarkern im Labor verbunden ist, ist die Rolle bei Patienten mit Harnleiterobstruktion ohne entzündliche Marker unklar. Stranding in diesem Zusammenhang entsteht am ehesten durch erhöhten Druck im oberen Harntrakt durch pyelovenösen/lymphatischen Reflux, wobei eine beginnende Infektion nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. Tatsächlich berichteten Studien über widersprüchliche Befunde hinsichtlich des Zusammenhangs von perirenalem Stranding mit dem Risiko einer gleichzeitigen Harnwegsinfektion. Die vorliegende Studie kann die Annahme nun unterstützen, dass Stranding nicht immer gleichbedeutend mit einer relevanten Infektion stehen muss.
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital