Schwedische Metastudie zu Rauchen und Prostatakrebs
PROSTATE CANCER Lund – Rauchen ist ein bekannter und weitreichend untersuchter Risikofaktor für viele Krebsarten, allerdings bleibt der Zusammenhang zum Prostatakrebs, dem häufigsten Krebs unter Männern weltweit, bisher unklar. Teilweise indizierten Beobachtungsstudien protektive Effekte, während andere Studien keine Assoziation nachweisen konnten. Die vorgestellte Studie von Sylvia H. J. Jochems aus dem Department of Clinical Sciences Lund der Lund University in Schweden und weiteren Kollegen untersuchte den Zusammenhang zwischen Rauchen und dem Risiko ein Prostatakarzinom zu entwickeln beziehungsweise daran zu versterben. Hierzu wurden die Daten aus fünf schwedischen Studien analysiert, welche zwischen 1974 und 2016 durchgeführt wurden und Daten von 351.448 Männern umfassten. Die mediane Follow-up Zeit betrug 28 Jahre, insgesamt entwickelten 24.731 Männer ein Prostatakarzinom, 4.322 verstarben daran. Raucher entwickelten dabei generell weniger häufig ein Prostatakarzinom als Nichtraucher (HR 0.89; 95% KI 0,86 – 0,92), für lokalisierte Prostatakarzinome zeigte sich eine noch etwas ausgeprägtere Risikoreduktion (HR 0,83; 95% KI 0,80 – 0,86). Allerdings zeigte sich die Risikoreduktion nur in dem Zeitraum, ab welchem die PSA-Bestimmung als Screeninginstrument zur Verfügung steht (in Schweden in breitem Masse ab circa 1995). Ebenfalls zeigte sich ein deutlich geringerer Effekt zwischen den Gruppen, wenn die Diagnose im Rahmen einer LUTS-Abklärung gestellt wurde und nicht im Rahmen einer Screening-Untersuchung. Im Gegensatz zum Risiko ein Prostatakarzinom zu entwickeln zeigte sich ein grösseres Risiko für Raucher im Vergleich zu Nierauchern an einem Prostatakarzinom zu versterben (HR 1,1; 95% KI 1,02 – 1,18). Im Bezug auf PSA und Gleason-Score zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Ebenso wenig konnte in der Gesamtanalyse eine Assoziation zwischen Rauchintensität sowie -dauer (pack-years) und dem Risiko an einem Prostatakarzinom zu versterben aufgezeigt werden. In der elektronischen Vorab-Veröffentlichung im Mai 2022 beim Journal EUROPEAN UROLOGY wurde das attributale Risiko an einem Prostatakarzinom zu versterben wie folgte berechnet: 3% für Rauchen, Übergewicht 8%, Rauchen und Übergewicht 11%. (fa)
Autoren: Jochems SHJ, Fritz J, Häggström C, Järvholm B, Stattin P, Stocks T. Korrespondenz: Sylvia H.J. Jochems, Department of Clinical Sciences Lund, Division of Oncology, Lund University, Barngatan 4, SE-221 85 Lund, Sweden. E-Mail: sylvia.jochems@med.lu.se Studie: Smoking and Risk of Prostate Cancer and Prostate Cancer Death: A Pooled Study. Quelle: Eur Urol. 2022 May 3:S0302-2838(22)01804-8. doi: 10.1016/j.eururo.2022.03.033. Epub ahead of print. PMID: 35523620. Web: https://www.europeanurology.com/article/S0302-2838(22)01804-8/fulltext
KOMMENTAR Die sehr umfassende Studie weist auf ein geringeres Risiko der Entwicklung eines Prostatakarzinomes bei gleichzeitig erhöhtem Risiko daran zu versterben für Raucher hin. Wobei hinsichtlich Auftretens eine stärkere Assoziation für low-risk Prostatakarzinome zu bestehen scheint. Die aktuell gängigste Hypothese zur Erklärung der Differenz liegt in einem «Detection Bias», sprich dass sich asymptomatische Raucher weniger häufig einem PSA-Screening unterziehen und somit weniger low-risk Tumore diagnostiziert werden.
Die Ursache für die Übersterblichkeit der Raucher-Kohorte sind unklar, schlechtere Outcomes nach Prostatektomie sowie Strahlentherapie mit häufigerem biochemischem Rezidiv sind bekannt, als mögliche Ursachen wird die anhaltende Karzinogenexposition diskutiert. Weitere Studien zur Klärung dieser Zusammenhänge sind nötig, ebenso ist unklar, welche Effekte ein Rauchstopp nach Diagnose auf die Prognose hat.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital