Organische Ursachen erektiler Dysfunktion bei Männern unter 40 Jahren
FUNCTIONAL UROLOGY Washington – Diese Literaturübersicht von Wesley Ludwig und Michael Phillips aus dem Department of Urology des Center for Sexual Health der George Washington University in Washington, D.C., USA, beschäftigte sich mit organischen Ursachen der erektilen Dysfunktion (ED) bei Männern unter 40 Jahren. In Ihrer Zusammenstellung liefern die Autoren eine wichtige Tabelle zu den häufigsten Ursachen, die in ihrer Suche identifiziert wurden. Zu den organischen Ursachen gehören hier insbesondere vaskuläre und neurogene Ätiologien, die Peyronie-Erkrankung (PD), diverse Medikamentennebenwirkungen und endokrinologische Ätiologien. In der Tabelle aus dieser Originalpublikation können Sie die gesamte Auflistung der Differenzialdiagnosen entnehmen [Tabelle einfügen]. In diesem Review zeigte sich, dass in etwa 15 – 72% der Patienten schliesslich doch organische Ursachen für die ED bei Männern unter 40 Jahren identifiziert werden konnten. Bei Männern unter 40 mit ED sollte laut Autoren aufgrund der Vielfalt an Ätiologien in jedem Fall eine gründliche Anamnese und Statuserhebung erfolgen. Diese sollte die Geschichte der Entstehung der ED im individuellen Setting inkludieren (langsames oder plötzliches Auftreten?), die psychosozialen Rahmenbedingungen abfragen, ebenso auch stattgehabte Traumata (wozu auch subklinische perineale Traumata oder von einigen Autoren auch eine Fahrradsattel-induzierte chronische Endothel-Dysfunktion gezählt wird) und zuletzt chirurgische Eingriffe (Wirbelsäule/Oberschenkel?). Schliesslich ist auch die weitere medizinische Vorgeschichte einschließlich Diabetes, neurologischen Störungen sowie Hyper- und Hypothyreose relevant. Bei der körperlichen Untersuchung sollten zudem folgende Punkte mit besonderer Sorgfalt untersucht werden: eunuchoider Habitus, sekundäre Geschlechtsmerkmale, Anosmie, Hodenvolumen, Penislänge/Penisverkrümmung und Blutdruck. In der Literaturanalyse zeiget sich eher eine hormonelle Anomalie als Ursache für die ED, weshalb eine Testosteronbestimmung von manchen Autoren erst dann als sinnvoll erachtet wird, wenn die sekundären Geschlechtsmerkmale nicht der Norm entsprechen. Andererseits zeigte sich in der im Jahr 2014 im Fachjournal UROLOGIA INTERNATIONALIS veröffentlichten Arbeit eine gehäufte Nennung von vaskulären Ursachen der ED, weshalb auch eine nächtliche Tumeszenzmessung und ein Doppler-Ultraschall des Penis bei jüngeren Patienten im Hinterkopf behalten werden solle. (cw)
Autoren: Ludwig W, Phillips M. Korrespondenz: Michael Phillips, MD, George Washington University Ross Hall, 2300 Eye Street, NW, Washington, DC 20037, USA. E-Mail: mphillips@mfa.gwu.edu Studie: Organic causes of erectile dysfunction in men under 40. Quelle: Urol Int. 2014;92(1):1-6. doi: 10.1159/000354931. Epub 2013 Nov 21. PMID: 24281298. Web: https://www.karger.com/Article/FullText/354931
KOMMENTAR Diese Literaturzusammenstellung ist wichtig, um den häufig voreingestellten Fokus der psychosozialen Komponente als Ursache der ED bei jüngeren Männern zu erweitern und darauf hinzuweisen, dass in diesem Spektrum doch mitunter gänzlich andere Faktoren für die Entstehung verantwortlich sein können. Als seltenes, aber relevantes Beispiel kann Morbus Parkinson betrachtet werden. Die Autoren berichten, dass laut Schätzungen etwa 8% der Parkinson-erkrankten Männer unter 40 Jahre alt sind, wobei unter diesen bis zu 21% an ED leiden. Dies unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit, bei jüngeren Männern die Anamnese und die Medikamenten- und Statuserhebung nach einem standardisierten Muster durchzuführen und nicht zu schnell auf psychosoziale Komponenten als Hauptursache der ED zu schliessen.
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital