Kombinationstherapie aus ADT und radikaler Lokaltherapie gegenüber ADT allein bei oligometastatischem Prostatakarzinom
PROSTATE CANCER Shanghai – Bisher wurden Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom (mPCa) in palliativer Intention typischerweise einer systemischen Therapie zugeführt. Die lokale Therapie für Metastasen oder den Primärtumor war dabei der Symptompalliation reserviert. Mehrere retrospektive Studien zeigten ein verbessertes Gesamtüberleben für mPCa Patienten, welche zusätzlich mit einer Strahlentherapie des Primärtumors oder einer Prostatektomie behandelt wurden. Die STAMPEDE-Studie konnte beispielweise einen Überlebensvorteil für Patienten mit geringer Metastasenlast durch Strahlentherapie des Primärtumors aufzeigen. Im Gegensatz dazu konnte die HORRAD-Studie keine entsprechenden Effekte beobachten. Dementsprechend besteht der Bedarf nach weiteren Untersuchen bezüglich des Effektes einer lokalen Radikaltherapie. Die nachfolgend präsentierte prospektive randomisiert-kontrollierte Studie untersuchte die Effekte einer lokalen Radikaltherapie bei Männern mit einem oligometastatischen Prostatakarzinom unter Antiandrogentherapie. Die Forschergruppe um Bo Dai aus dem Department of Urology am Fudan University Shanghai Cancer Center in Shanghai, China, rekrutierte dazu Patienten mit einem neu diagnostizierten (Erstdiagnose < 6 Monate), oligometastatischen (≤ 5 Knochen- oder extrapelvine Lymphknotenmetastasen) Prostatakarzinom ohne vorherige Therapie des Primärtumors. Patienten mit vorheriger Chemotherapie, Abiraterontherapie oder Antiandrogentherapie der zweiten Generation wurden ausgeschlossen. Die Randomisierung erfolgte 1:1, ADT alleine vs. ADT und radikale Lokaltherapie (Prostatektomie oder Radiotherapie). Als primärer Endpunkt fungierte das radiologisch progressionsfreie Überleben. Sekundäre Endpunkte waren Gesamtüberleben und PSA-progressionsfreies Überleben. Zwischen 2015 und 2019 wurden pro Gruppe 100 Patienten in die Studie eingeschlossen. Das mittlere Patientenalter betrug 68 Jahre, der mediane PSA-Wert 99 ng/ml. 49 Patienten wurden direkt nach Studienaufnahme der Prostatektomie zugeführt, 36 nach vorausgehender dreimonatiger ADT-Therapie. In 80% der Fälle wurde die Prostatektomie offen durchgeführt, in 29% wurde auf eine pelvine Lymphknotenentfernung verzichtet. 11 Patienten erhielten eine Radiotherapie. Der mediane Nachbeobachtungszeitraum betrug 48 Monate. In der Interventionsgruppe zeigte sich eine deutlich geringere radiologische Progression (HR 0,43; 95% KI 0,27 – 0,70; p = 0,001). Innerhalb der ersten drei Jahre nach Intervention konnte ein radiologisch progressionsfreies Überleben bei 79% der Patienten der Interventionsgruppe und 56% der Kontrollgruppe festgestellt werden. Die 3-Jahres-Gesamtüberlebensrate betrug 88% in der Interventions- und 70% in der Kontrollgruppe. Die Hazard Ratio bezüglich Gesamtüberleben wird mit 0,44 (95% KI 0,29 – 0,67; p < 0,001) angegeben. Die 3-Jahres-PSA-progressionsfreie Rate betrug 71% in der Interventionsgruppe und 45% in der Kontrollgruppe. Komplikationen traten bei 28% der Patieten auf, welche sich einer Prostatektomie unterzogen, Clavien-Dindo Grad 4b oder höhergradige Komplikationen traten dabei keine auf. Wie die Autoren in der Oktober-Ausgabe 2022 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY ONCOLOGY schreiben, waren die Komplikationsraten dabei vergleichbar mit jenen von Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom, welche sich einer Prostatektomie unterziehen. (fa)
Autoren: Dai B, Zhang S, Wan FN, Wang HK, Zhang JY, Wang QF, Kong YY, Ma XJ, Mo M, Zhu Y, Qin XJ, Lin GW, Ye DW. Korrespondenz: Ding-Wei Ye, Department of Urology, Fudan University Shanghai Cancer Center, Shanghai, China. E-Mail: dwyeli@163.com Studie: Combination of Androgen Deprivation Therapy with Radical Local Therapy Versus Androgen Deprivation Therapy Alone for Newly Diagnosed Oligometastatic Prostate Cancer: A Phase II Randomized Controlled Trial. Quelle: Eur Urol Oncol. 2022 Oct;5(5):519-525. doi: 10.1016/j.euo.2022.06.001. Epub 2022 Jun 29. PMID: 35780048. Web: https://euoncology.europeanurology.com/article/S2588-9311(22)00090-6/fulltext
KOMMENTAR Eine sehr interessante Studie, welche die Rolle der radikalen Lokaltherapie und insbesondere der Prostatektomie bei Patienten mit einem oligometastatischen Prostatakarzinom neu bewertet. Limitierend sind sicherlich die heterogene Interventionsgruppe im Bezug auf Therapieverfahren und die Tatsache, dass die Kontrollgruppe nur eine ADT-Monotherapie erhielt, bedingt durch das Studiendesign aus dem Jahr 2015 und dem damalig aktuellen Wissensstand.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital