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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Orales Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid bei komplizierten Harnwegsinfekten

INFECTIOUS DISEASES Cambridge (USA) – Jährlich sind allein in den USA über 3 Millionen Menschen von einer komplizierten Harnwegsinfektion (inkl. akuter Pyelonephritis) betroffen. Aufgrund zunehmender Resistenzbildung gegenüber den etablierten Antibiotika sind solche Infekte zunehmend mit einer Hospitalisationsbedürftigkeit und intravenöser antibiotischer Therapie verbunden. Nebst Resistenzen ist die perorale Antibiotikatherapie häufig durch Einschränkungen der Indikationen sowie einer schlechten Gewebegängigkeit eingeschränkt. Entsprechend besteht das Bedürfnis für eine effektive perorale Antibiotikatherapie für komplizierte Harnwegsinfekte und akute Pyelonephritiden. In der nachfolgend präsentierten randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie verglichen die Autoren um Paul B. Eckburg von Spero Therapeutics in Cambridge im Bundesstaat Massachusetts, Vereinigte Staaten, das perorale Carbapenem-Antibiotikum Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid mit einer intravenösen Ertapenem-Therapie bei komplizierten Harnwegsinfekten und akuter Pyelonephritis. Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid ist ein Prodrug, welche durch Enterozyten in seinen aktiven Bestandteil, Tebipenem, konvertiert wird. Tebipenem hat ein breites Wirkungsspektrum gegen multiresistente gramnegative Pathogene, einschliesslich fluorchinolonresistenter und ESBL-produzierender Enterobakterien. Die Studie wurde in 95 Zentren in Europa, den USA und Südafrika durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten und Patientinnen ab 18 Jahren, bei Verdacht oder Vorliegen einer Infektion mit einem Carbapenem-resistenten Erreger erfolgte der Ausschluss. Ein weiteres Ausschlusskriterium war das Vorliegen eines septischen Schocks. Der Versuchsgruppe wurde zusätzlich zu 600 mg Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid 8-stündlich eine Dummy-Infusion verabreicht, der Vergleichsgruppe 1g Ertapenem i.v sowie ein Placebo in Tablettenform alle 8 Stunden. Die Therapiedauer betrug in beiden Gruppen 7 bis 10 Tage, bei Vorliegen einer Bakteriämie deren 14. Von Juni 2019 bis Mai 2020 wurden insgesamt 1.372 Patienten in die Studie eingeschlossen, hinsichtlich der Patientencharakteristika lagen zu Studienbeginn keine signifikanten Unterschiede vor. 50,8% litten an einer komplizierten Harnwegsinfektion, 49,2% an einer akuten Pyelonephritis. In 11,5% der Fälle konnte eine Bakteriämie nachgewiesen werden, 19,7% erfüllten die SIRS-Kriterien. Mehr als 90% der Ausgangs-Pathogene waren Enterobakterien, hauptsächlich Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Enterobacter cloacae und Proteus mirabilis. 24,3% der Erreger erfüllten die Kriterien eines ESBL-Erregers, 39% wiesen Resistenzen gegen Fluorchinolone auf, 45% gegen Trimethoprim-Sulfamethoxazol. Hinsichtlich des Gesamtansprechens zeigte sich die Therapie mit oralem Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid gegenüber der intravenösen Ertapenem-Therapie nicht unterlegen. Die Gesamtansprechrate betrug dabei 97,3% für die orale und 94,5% für die intravenöse Therapie. Für Patienten mit Vorliegen einer Bakteriämie betrugen die Werte 93,6% und 96,2%. In der April-Ausgabe 2022 des NEW ENGLAND JOURNAL OF MEDICINE berichten die Autoren zudem, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Nebenwirkungen in beiden Gruppen gleich (26%) und meist milder bis mittlerer Natur und nicht therapielimitierend war. (fa)

Autoren: Eckburg PB, Muir L, Critchley IA, Walpole S, Kwak H, Phelan AM, Moore G, Jain A, Keutzer T, Dane A, Melnick D, Talley AK. Korrespondenz: Dr. Talley, Spero Therapeutics, 675 Massachusetts Ave., 14th Fl., Cambridge, MA 02139, USA. E-Mail: atalley@sperotherapeutics.com Studie: Oral Tebipenem Pivoxil Hydrobromide in Complicated Urinary Tract Infection. Quelle: N Engl J Med. 2022 Apr 7;386(14):1327-1338. doi: 10.1056/NEJMoa2105462. PMID: 35388666. Web: https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa2105462

KOMMENTAR Orales Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid war in allen Untergruppen, einschliesslich bei Patienten mit schwererer Erkrankung (d. h. Bakteriämie und SIRS) mindestens ebenso wirksam wie intravenöses Ertapenem bei vergleichbarem Nebenwirkungsprofil. In Abwesenheit anderer wirksamer peroraler Wirkstoffe könnte Tebipenem Pivoxil-Hydrobromid in Zukunft eine Option für die Behandlung von komplizierten Harnwegsinfektionen und akuter Pyelonephritis aufgrund von antibiotikaresistenten Uropathogenen darstellen.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital