Multicenter-Studie der EAU zum biochemischen Rezidiv als ein Kriterium für eine Salvage-Radiotherapie
PROSTATE CANCER Hamburg – Angesichts der Ergebnisse von drei laufenden prospektiven Studien, die eine adjuvante Strahlentherapie (RT) mit einer early Salvage-Strahlentherapie (SRT) vergleichen – die RADICALS-Studie (NCT00541047), die RAVES-Studie (NCT00860652) und die GETUG-AFU 17-Studie (NCT00423475) – hat die early SRT mehr Aufmerksamkeit erhalten. SRT kann vielen Patienten nach radikaler Prostatektomie (RP) mögliche schwere gastrointestinale und urogenitale Komplikationen aufgrund der Strahlentherapie ersparen. Obwohl eine adjuvante RT insbesondere bei Patienten mit sehr aggressiver Histologie noch immer ein wichtiger Therapiefaktor bleibt, scheint die SRT nach aktuellem Wissensstand ein moderner Standard für RP-Patienten mit biochemischem Rezidiv (BCR) geworden zu sein. Es bleibt jedoch unklar, ob die neue EAU-Risikostratifizierung für das BCR dazu beitragen kann, Patienten für eine frühzeitige SRT zu selektieren. Felix Preisser aus der Martini-Klinik Prostate Cancer Center am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Deutschland und zahlreiche deutsche und weitere europäische Kollegen untersuchten in dieser multi-institutionellen europäischen Kohorte die Beziehung zwischen SRT vs. Abwarten auf das langfristige onkologische Outcome. In zehn europäischen high-volume Zentren wurden 2.379 Patienten, die zwischen 1989 und 2020 nach einer RP ein BCR entwickelten, analysiert. Dabei wurden early und late SRT definiert als SRT, die bei einem PSA-Wert von < 0,5 bzw. ≥ 0,5 ng/ml durchgeführt wurden. Insgesamt wurden 805 und 1.574 Patienten als EAU-Niedrigrisiko bzw. Hochrisiko für biochemisches Rezidiv (BCR) klassifiziert (für die Kategorisierung siehe Tabelle 1). Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 54 Monate nach dem BCR für Überlebende. Bei low-risk BCR betrug die 12-Jahres-Gesamtüberlebensrate 87% gegenüber 78% (p = 0,2) und die krebsspezifische Überlebensrate betrug 100% gegenüber 96% (p = 0,2) für early SRT im Vergleich zu keiner SRT. Bei high-risk BCR betrug die 12-Jahres-Gesamtüberlebensrate 81% gegenüber 66% (p < 0,001) und die krebsspezifische Überlebensrate betrug 98% gegenüber 82% (p < 0,001) für early SRT im Vergleich zu keiner SRT. Wie die Autoren in der elektronischen Vorabpublikation im Juni 2023 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY darstellen , verringerte die early SRT in multivariablen Analysen das Versterberisiko (Hazard Ratio [HR] 0,55; p < 0,01) und das Risiko für krebsspezifische-Mortalität (HR 0,08; p < 0,001). (cw)
Autoren: Preisser F, Abrams-Pompe RS, Stelwagen PJ, Böhmer D, Zattoni F, Magli A, Rivas JG, Dilme RV, Sepulcri M, Eguibar A, Heidegger I, Arnold C, Fankhauser CD, Chun FK, van der Poel H, Gandaglia G, Wiegel T, van den Bergh RCN, Tilki D; EAU-YAU Prostate Cancer Working Group. Korrespondenz: Derya Tilki, Martini-Klinik Prostate Cancer Center, University Hospital Hamburg-Eppendorf, Martinistrasse 52, 20246 Hamburg, Germany. E-Mail: d.tilki@uke.de Studie: European Association of Urology Biochemical Recurrence Risk Classification as a Decision Tool for Salvage Radiotherapy-A Multicenter Study. Quelle: Eur Urol. 2023 Jun 22:S0302-2838(23)02886-5. doi: 10.1016/j.eururo.2023.05.038. Epub ahead of print. PMID: 37355358. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0302283823028865
KOMMENTAR Eine signifikant bessere Überlebensrate wurde in der Gruppe mit EAU high-risk BCR- festgestellt, die mit early SRT behandelt wurden, im Vergleich zu denen, die beobachtet wurden. Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine early SRT insbesondere bei diesem Patientenkollektiv empfohlen werden sollte. Im Gegensatz dazu könnte möglicherweise eine Überwachung für Männer mit EAU low-risk BCR geeignet sein. Schliesslich sollten diese Ergebnisse nicht zu einer generellen Regel führen, sondern die Indikationsstellung für die early SRT in jedem Fall individuell gestellt werden. Insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Ergebnisse des „PROTECT“ Trials (Fifteen-Year Outcomes after Monitoring, Surgery, or Radiotherapy for Prostate Cancer, N Engl J Med 2023; 388:1547-1558) ist es jedoch wichtig, Übertherapien auch im post-RP-Setting weitestgehend zu reduzieren und diese Studie ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital