Art und zeitliches Auftreten der Komplikationen nach radikaler Zystektomie
BLADDER CANCER Hamburg – Das Ziel dieser retrospektiven Studie von Jakob Klemm et al. aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf war es, die zeitlichen Muster von Komplikationen innerhalb von 30 Tagen nach einer offenen radikalen Zystektomie zwischen 2009 und 2017 zu analysieren. Die Komplikationsdaten wurden gemäss einem vordefinierten verfahrensspezifischen Katalog erfasst, der den Kriterien der Europäischen Gesellschaft für Urologie folgte. Der Zeitpunkt des Auftretens wurde für jede Komplikation separat bewertet. Schliesslich wurden die Muster in Bezug auf die Art der Harnableitung und den Schweregrad nach Clavien-Dindo verglichen. Insgesamt traten bei 503 von 506 Patienten (99%) 2.485 Komplikationen auf, die drei zeitlichen Mustern folgten: „sehr früh“ in der ersten Woche (Blutungen, Herz-Kreislauf-Probleme, neurologische Komplikationen), „früh“ nach einer Woche (Magen-Darm-Probleme) und „intermediär“ nach etwa zwei Wochen (Wundheilungsstörungen, Infektionskomplikationen). Wie die Autoren in der elektronischen Vorabpublikation im Juni 2023 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY FOCUS berichten, traten etwa 90% der Komplikationen innerhalb der ersten zwei Wochen auf. Schwere Komplikationen (Clavien-Dindo-Grad III a) traten bei 78 Patienten (15%) nach einer medianen Zeit von 10 Tagen (Interquartilsbereich 4 – 15) auf. Bei Patienten mit einer kontinenten Harnableitung dauerte es länger bis zum Auftreten von Infektionskomplikationen (9 vs. 7 Tage; p = 0,005), und schwerwiegende Komplikationen traten tendenziell später auf (median 13,5 vs. 10 Tage; p = 0,4) im Vergleich mit einer inkontinenten Harnableitung. (cw)
Autoren: Klemm J, Rink M, von Deimling M, Koelker M, Gild P, Shariat SF, Dahlem R, Fisch M, Vetterlein MW. Korrespondenz: Malte W. Vetterlein, Department of Urology, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Martinistrasse 52, 20246 Hamburg, Germany. E-Mail: m.vetterlein@uke.de Studie: Time-to-complication Patterns After Radical Cystectomy: A Secondary Analysis of a 30-day Morbidity Assessment Using the European Association of Urology Quality Criteria for Standardized Reporting. Quelle: Eur Urol Focus. 2023 Jun 20:S2405-4569(23)00145-1. doi: 10.1016/j.euf.2023.06.005. Epub ahead of print. PMID: 37349179. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(23)00145-1/fulltext
KOMMENTAR Mittlerweile wissen wir viel über Komplikationen nach einer radikalen Zystektomie, und auch die Morbidität ist uns bestens bekannt. Bislang jedoch unklar blieb, zu welchen Zeitpunkten welche Komplikationen am häufigsten auftreten. Dieses Muster wurde nun basierend auf einem high-volume Zentrum, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), publiziert und sollte als Referenz für Vergleichsarbeiten oder auch für den klinischen Alltag eine wichtige Unterstützung sein. Leider gibt es bislang noch keine ähnlichen Publikationen zur robotischen Zystektomie. Eine engmaschige klinische Überwachung sowohl während des Spitalaufenthaltes als auch in der ambulanten Betreuung nach einer Zystektomie ist also fundamental, um Komplikationen rechtzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln, insbesondere in Zeiten der immer früheren Entlassungen unserer Patienten.
Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital