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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Review und Metaanalyse zur sakralen Neuromodulation bei chronischen Beckenschmerzen

NEUROUROLOGY London – Das chronische Beckenschmerzsyndrom (chronic pelvic pain syndrome, CPP) betrifft sowohl Männer als auch Frauen. Die Prävalenz bei prämenopausalen Frauen in England beträgt 24% und ist damit vergleichbar mit Migräne oder Rückenschmerzen. Trotz der hohen Prävalenz ist das CPP nur schlecht verstanden und oftmals geht es mit einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität sowie psychologischen Komorbiditäten einher. Mögliche Therapien sind pharmakologischer, physikalischer, intravesikaler oder psychologischer Art. Für Patienten, welche sich diesen Therapieformen gegenüber refraktär präsentieren, kann die sakrale Neuromodulation (SNM) eine Therapiemöglichkeit darstellen. Der genaue Wirkmechanismus der SNM ist bisher nicht vollständig verstanden. Das Ziel des nachfolgend vorgestellten systematischen Reviews und der Metaanalyse bestand darin, die Effektivität der SNM in der Therapie des chronischen Beckenschmerzsyndroms zu untersuchen. Die Arbeit erfolgte in Konkordanz mit den PRISMA-Guidelines. Hierzu führten die Autoren um Julian Greig von der Faculty of Life Sciences and Medicine am King’s College in London, Vereinigtes Königreich, ein systematisches Literaturreview durch. Studien welche andere Neuromodulationsverfahren als die SNM untersuchten (z.B. PTNS) wurden nicht berücksichtigt. Nach Identifikation von über 1.000 Studien wurden 26 davon in das Review eingebunden, 17 prospektive Studien und 9 retrospektive. Die Implantationsrate betrug dabei im Schnitt 64,3%. Der überwiegende Anteil der Patienten in den Studien war weiblich (62,8%). In einem Grossteil der Studien erfolgte die S3-Stimulation transforaminal. Schlussendlich wurden 460 Patienten in die gepoolte Analyse eingeschlossen. Die mittlere gerichtete Differenz auf einer Schmerzskala bis 10 Punkte betrug nach SNM -4,6 (p < 0,00001). Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Symptomatik nach 6, 12 und 24 Monaten. Drei Studien (allerdings mit geringer Patientenzahl) beschrieben eine anhaltende signifikante Schmerzreduktion nach fünf Jahren. Gegensätzlich dazu berichtete eine einzelne Studie über einen Effektverlust nach einem bzw. zwei Jahren. In den Studien, die eine Unterscheidung zwischen CPP und interstitieller Zystitis/Bladder-Pain-Syndrome (BPS) vornahmen, zeigte sich eine signifikant grössere Schmerzreduktion bei Patienten ohne interstitielle Zystitis/BPS (-5,77 vs. -4,55; p = 0,003). In jenen Studien, die den Medikamentenkonsum erfassten, zeigte sich eine deutliche Reduktion der spezifischen Dauermedikation unter SNM-Therapie. Die Autoren stellen in der Aprilausgabe 2023 der Fachzeitschrift NEUROUROLOGY AND URODYNAMICS dar, dass Komplikationen bei 11,8% der Patienten auftraten, überwiegend niedergradige nach Clavien-Dindo-Klassifikation. 4,7% aller implantierten Generatoren mussten explantiert werden, davon 15 aufgrund einer Infektion. Die Explantationsrate variierte in den Studien zwischen 0 und 66%. (fa)

Autoren: Greig J, Mak Q, Furrer MA, Sahai A, Raison N. Korrespondenz: Nicholas Raison, MRC Centre for Transplantation, Guy’s Hospital, King’s College London, London SE1 9RT, UK. E-Mail: nicholas.raison@kcl.ac.uk Studie: Sacral neuromodulation in the management of chronic pelvic pain: A systematic review and meta-analysis. Quelle: Neurourol Urodyn. 2023 Apr;42(4):822-836. doi: 10.1002/nau.25167. Epub 2023 Mar 6. PMID: 36877182. Web: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/nau.25167

KOMMENTAR Das systematische Review und die Metaanalyse demonstrieren einen signifikanten Effekt der SNM hinsichtlich Schmerzreduktion und Verbesserung der Lebensqualität gegenüber konventioneller Therapie des refraktären CPP, wobei Patienten mit einer interstitiellen Zystitis weniger profitierten. Es bleibt zu berücksichtigen, dass sich unter den eingeschlossenen Studien keine randomisierten kontrollierten Studien befanden. Anzumerken bleibt zudem die zwischen den Studien sehr heterogene, aber teilweise hohe Explantationsrate.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital