Skip to main content

Fachverlag und Nachrichtenagentur

Beobachtungsstudie des IMDC zur zytoreduktiven Nephrektomie bei metastasiertem Nierenzellkarzinom

RENAL CELL CANCER Boston – Unter zytoreduktiver Nephrektomie (CN) versteht man die Entfernung der primär tumortragenden Niere bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (mRCC). Im Zeitalter der Interferon-Therapie war die CN eine Standardtherapie, da sie das Gesamtüberleben beim mRCC nachweislich verlängerte. Die CARMENA-Studie zeigte, dass Patienten mit intermediärem und hohem Risiko nach IMDC, die nur Sunitinib erhielten, eine ähnliche Gesamtüberlebensrate hatten wie diejenigen, die zuvor eine CN gefolgt von Sunitinib erhielten, so dass die CN an Stellenwert verlor. Eine Subgruppenanalyse dieser Studie deutete jedoch darauf hin, dass einige Patienten mit nur einem Risikofaktor des International Metastatic RCC Database Consortium (IMDC) dennoch von einer CN profitieren könnten. In der vorgestellten Studie untersuchten die Autoren um Ziad Bakouny vom Brigham and Women’s Hospital in Boston, Vereinigte Staaten, die Rolle der primären CN in der Behandlung des mRCC bei Patienten, die in der Erstlinientherapie entweder mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) oder Targeted Therapy (TT) behandelt wurden. Mit Hilfe des IMDC identifizierten sie retrospektiv Patienten mit der Diagnose eines de novo mRCC. Insgesamt wurden 4.639 Patienten mit einem mRCC in die Analyse eingeschlossen. Von den 4.202 mit Targeted Therapy behandelten Patienten und den 437 mit ICI behandelten Patienten erhielten 2.326 (55%) bzw. 234 (54%) eine Upfront-CN. Die mediane Dauer von der CN bis zum Beginn der systemischen Therapie betrug 3,1 und 2,5 Monate für die TT bzw. ICI. Die am häufigsten eingesetzte TT war Sunitinib (n = 2585; 62%), während 50% (n = 220) der mit ICI behandelten Patienten die Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab erhielten. Generell wurden eher jüngere Patienten mit weniger IMDC-Risikofaktoren und mit besserem Performance-Status mit einer Upfront-CN behandelt. Die mediane der Patienten, die eine CN erhielten, betrug 54 Monate (95% Konfidenzintervall [KI] 34 – nicht erreicht) im Vergleich zu 22 Monaten (95% KI 17 – 25) bei Patienten, die keine CN und eine ICI-Behandlung erhielten, sowie 25 Monate (95% KI 23 – 26) im Vergleich zu 13 Monaten (95% KI 12 – 14) in der TT-Gruppe. In der multivariaten Analyse zeigte sich ein Überlebensvorteil für Patienten, die eine CN erhielten, sowohl in der ICI-Gruppe (HR 0,61; 95% KI 0,41 – 0,90; p = 0,013) als auch in der TT-Gruppe (HR 0,72; 95% KI 0,67 – 0,78; p < 0,001). In der Februarausgabe 2023 des Fachjournals EUROPEAN UROLOGY berichten die Autoren, dass kein signifikanter Unterschied im Ausmass des Überlebensvorteils zwischen den Gruppen der ICI- und der TT-Behandlung (Interaktions-p = 0,6 in der multivariaten Analyse) festgestellt werden konnte. (fa)

Autoren: Bakouny Z, El Zarif T, Dudani S, Connor Wells J, Gan CL, Donskov F, Shapiro J, Davis ID, Parnis F, Ravi P, Steinharter JA, Agarwal N, Alva A, Wood L, Kapoor A, Ruiz Morales JM, Kollmannsberger C, Beuselinck B, Xie W, Heng DYC, Choueiri TK. Korrespondenz: Toni K. Choueiri, Lank Center for Genitourinary Oncology, Dana-Farber Cancer Institute and Harvard Medical School, 450 Brookline Avenue, Boston, MA 02215, USA. E-Mail: kaoukj@ccf.org Studie: Upfront Cytoreductive Nephrectomy for Metastatic Renal Cell Carcinoma Treated with Immune Checkpoint Inhibitors or Targeted Therapy: An Observational Study from the International Metastatic Renal Cell Carcinoma Database Consortium. Quelle: Eur Urol. 2023 Feb;83(2):145-151. doi: 10.1016/j.eururo.2022.10.004. Epub 2022 Oct 20. PMID: 36272943. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0302283822027130

KOMMENTAR Die Upfront-CN scheint mit einem Überlebensvorteil bei ausgewählten Patienten verbunden zu sein, die entweder mit TT oder ICI behandelt werden. Weitere Studien hierzu laufen, wie beispielsweise die NORDIC-SUN Studie (NCT03977571). Eine Hypothese liegt in einer verstärkten Immunantwort der ICI nach Entfernung des Primärtumors, welcher mit der Freisetzung von T-Zellen hemmenden und die antitumorale Immunantwort beeinträchtigenden Zytokinen assoziiert wird.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital