Harnleiterschienen verursachen im Schweine-Modell Dysfunktionen und Fibrose des Ureters
ENDOUROLOGY Los Angeles – Klinische Beschwerden wie Pollakisurie als Nebenwirkung einer Harnleiterschiene sind relativ häufig und bekannt. Weitere mögliche Auswirkungen einer Harnleiterschiene sind Reduktion der Harnleiterperistaltik, Hydronephrose und Dilatation des Ureters, wobei letzteres zumindest im Rahmen vor Behandlung einer Urolithiasis gewünscht ist. Die zugrundeliegenden Pathomechanismen sind Gegenstand aktueller Forschung. Postuliert wird, dass die Überdehnung des Ureters durch die Harnleiterschiene und dadurch induzierte Entzündungsprozesse hierfür ursächlich sein könnten. Zur Untersuchung der Veränderungen auf molekularer Stufe, welche wiederum als mögliche Ziele für pharmakologische Therapien dienen könnten, sowie der Reversibilität führten die Autoren um Kymora B. Scotland aus dem Department of Urology der University of California Los Angeles, Kalifornien, in den Vereinigten Staaten eine klinische Studie an einem Tiermodell durch. Hierzu wurde jeweils ein Ureter von Schweinen mit zuvor unauffälligem Harntrakt mit einer Harnleiterschiene versorgt (Zeitdauer maximal 14 Tage) und nach verschiedenen Zeiträumen entfernt. Die Veränderungen auf molekularer Basis wurden analysiert, zudem Frequenz und Stärke der Peristaltik sowie Dilatation des Harntraktes evaluiert. Dabei zeigten sich innerhalb 48 Stunden nach Stenteinlage eine Dilatation des Harnleiters, Reduktion der Peristaltik und moderate Hydronephrose (Grad II bis III). Eine Abnahme der Kraft der Peristaltik konnte in allen mit Harnleiterschiene versorgten Ureteren nachgewiesen werden, mit Ausnahme jener Tiere, welche mit Tamsulosin behandelt wurden, wobei hinsichtlich Dilatation des oberen Harntraktes, Frequenz der Peristaltik und entzündlicher Veränderungen auf molekularer Ebene keine Unterschiede festgestellt werden konnten. Die Effekte zeigten sich nach vorausgegangenem Stenting über 14 Tagen reversibel, wobei Dilatation des Harnleiters, Reduktion der Peristaltik und Hydronephrose über sieben Tage persistierten. Der Nachweis erhöhter Konzentrationen molekulare Entzündungsmarker legen den Schluss nahe, dass Harnleiterschienung, zumindest im Schweinemodell und temporär zu Nierenschädigung bzw. Schädigung des oberen Harntraktes führen kann. Zu einem ähnlichen Schluss kamen frühere Studien, welche Kollagenablagerungen in der Subendothelialschicht zuvor mit Harnleiterschiene versorgter Ureteren nachweisen konnten. Basierend auf den Resultaten empfehlen die Autoren in der im März 2023 im BJU INTERNATIONAL veröffentlichten Studie, die Indikation für eine Harnleiterschiene streng zu stellen und sofern klinisch indiziert zeitnah wieder zu entfernen. (fa)
Autoren: Scotland KB, Almutairi K, Park E, Wang L, Kung SHY, Haegert A, Adomat H, Bell R, LeBihan S, Chew BH, Lange D. Korrespondenz: Dirk Lange, Jack Bell Research Centre, The Stone Centre at Vancouver General Hospital, Rm. 550-3, 2660 Oak St., Vancouver, BC V6H 3Z6, Canada. E-Mail: dirk.lange@ubc.ca Studie: Indwelling stents cause obstruction and induce ureteral injury and fibrosis in a porcine model. Quelle: BJU Int. 2023 Mar;131(3):367-375. doi: 10.1111/bju.15912. Epub 2022 Nov 1. PMID: 36181708. Web: https://bjui-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/bju.15912
KOMMENTAR Die Resultate sind natürlich unter dem Gesichtspunkt der Tiermodells zu werten. Gemäss Autoren wird davon ausgegangen, dass der obere Harntrakt von Schweinen, trotz ihrer anatomischen und genetischen Nähe zum menschlichen Pendant, anfälliger gegenüber Manipulationen und Harnleiterschienung ist. Inwiefern die Resultate auf den menschlichen Harntrakt übertragbar sind, bleibt indes unklar.
Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital