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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Göteborg-2: Target-only-Biopsie beim Screening auf Prostatakarzinom reduziert Risiko einer Überdiagnose

PROSTATE CANCER Göteborg – In dieser hochrangig im NEW ENGLAND JOURNAL OF MEDICINE im Dezember 2022 publizierten Arbeit der Göteborg-2-Trial-Forschungsgruppe um Jonas Hugosson aus dem Department of Urology der Sahlgrenska Academy at Gothenburg University in Schweden wurde das organisierte Prostatakrebs-Screening mittels PSA, MRI und anschliessender «Target-Only»-Biopsie untersucht. 37.887 schwedische Männer im Alter zwischen 50 bis 60 Jahren wurden in den Jahren 2015-2020 eingeladen, sich einem organisierten, regelmässigen PSA-Screeningtest zu unterziehen. Unter den Teilnehmern wurden zwei randomisierte Gruppen erstellt. Gruppe 1 (n = 5994, Referenzgruppe) erhielten bei einem PSA-Wert von 3 ng/ml oder höher ein multiparametrisches MRI der Prostata (3 Tesla) und eine systematische Biopsie, unabhängig der MRI-Befunde. Eine zusätzliche Target-Biopsie wurde durchgeführt, falls sich im Prostate Imaging Reporting & Data System (PI-RADS V2) 3 bis 5 Befunde zeigten. Gruppe 2 (n = 11.986, Versuchsgruppe) erhielt prinzipiell vorerst keine systematische Biopsie, sondern ausschliesslich Target-Biopsien. Sollte der PSA-Wert in Gruppe 2 jedoch bei 10 ng/ml oder höher gelegen haben, wurde auch in dieser Gruppe zusätzlich eine systematische Biopsie durchgeführt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch eine Subgruppe von Gruppe 2 etabliert wurde, in deren Fall der Cut-Off für ein MRI bei einem PSA-Wert von bereits 1,8 ng/ml lag. Über letzteres wird jedoch im Rahmen dieser Publikation keine eigene Analyse präsentiert. Der primäre Endpunkt war die Rate von klinisch nicht signifikantem Prostatakarzinom (Gleason Score 3+3) und der sekundäre Endpunkt die Rate von klinisch signifikantem Prostatakarzinom (Gleason Score 3+4 oder höher). Von den Männern, die zum Screening eingeladen wurden, nahmen 17.980 (47%) an der Studie teil. Insgesamt 66 der 11.986 Teilnehmer in der Versuchsgruppe (0,6%) erhielten die Diagnose eines klinisch nicht signifikanten Prostatakarzinoms, im Vergleich zu 72 von 5.994 Teilnehmern (1,2%) in der Referenzgruppe (somit -0,7%; 95% Konfidenzintervall [KI] -1,0 bis -0,4; relatives Risiko 0,46; 95% KI 0,33 bis 0,64; p < 0,001). Das relative Risiko für klinisch signifikanten Prostatakrebs in der Versuchsgruppe im Vergleich zur Referenzgruppe betrug 0,81 (95% KI 0,60 bis 1,1). Bei zehn Teilnehmern in der Referenzgruppe wurde ein klinisch signifikantes Prostatakarzinom ausschliesslich durch die systematische Biopsie detektiert. Vier dieser letzteren Patienten erhielten eine aktive Therapie, der Rest eine aktive Überwachung. (CW)

Autoren: Hugosson J, Månsson M, Wallström J, Axcrona U, Carlsson SV, Egevad L, Geterud K, Khatami A, Kohestani K, Pihl CG, Socratous A, Stranne J, Godtman RA, Hellström M; GÖTEBORG-2 Trial Investigators. Korrespondenz: Dr. Hugosson, Department of Urology, Sahlgrenska University Hospital, Bruna Stråken 11b, SE-41345 Gothenburg, Sweden. E-Mail: jonas.hugosson@surgery.gu.se Studie: GÖTEBORG-2 Trial Investigators. Prostate Cancer Screening with PSA and MRI Followed by Targeted Biopsy Only. Quelle: N Engl J Med. 2022 Dec 8;387(23):2126-2137. doi: 10.1056/NEJMoa2209454. PMID: 36477032; PMCID: PMC9870590. Web: https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa2209454

Kommentar: Die European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer (ERPSC) und die randomisierte GÖTEBORG-1-Studie, die in den 1990er Jahren initiiert wurden, basierten auf einer PSA-basierten Überwachung, gefolgt von einer systematischen Prostatabiopsie. Beide Studien zeigten eine signifikante Senkung der Sterblichkeitsrat, allerdings wurde auch ein hohes Risiko der Überdiagnose festgestellt. Der Verzicht auf eine systematische Biopsie zugunsten einer Target-only-Biopsie zum Screening und zur Früherkennung von Prostatakarzinomen bei Personen mit erhöhten PSA-Werten reduzierte das Risiko einer Überdiagnose im GÖTEBORG-2 Trial um die Hälfte. Ein sehr kleines Restrisiko bleibt hierbei übrig, klinisch signifikante Tumore zu verpassen. Für organisierte Screeningprogramme ist das eine sehr wichtige Information. Die absolute Zahl der nicht entdeckten klinisch signifikanten Prostatakarzinome lag bei zehn. Diese Zahl ist (erfreulicherweise) leider zu klein, um qualitative Risikofaktoren zu erheben, an die man das Screeningprogramm anpassen könnte. Entsprechend verweisen wir auf die nachfolgende Arbeit, die den Stockholm-3-Test in ein Screening-Programm inkludiert hat, und möglicherweise einen anderen Ansatz darstellen könnte.

Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital