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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Effekte elektromagnetischer Strahlung moderner Mobiltelefone auf Motilität und Vitalität von Spermien

 

ANDROLOGY Miami – Das Mobiltelefon hat unsere Kommunikation revolutioniert. Die Verwendung von Mobiltelefonen und anderer kabelloser Wearables hat in den letzten zwei Dekaden stark zugenommen. Dies hat zu einer erhöhten Exposition gegenüber elektromagnetischen Radiowellen geführt, welche vom menschlichen Körper absorbiert werden können. Zunehmende Netzabdeckung mit 5G und WiFi tragen zu einer erhöhten Exposition gegenüber elektromagnetischen Strahlungen im öffentlichen Raum bei. Die Verwendung von Bluetooth-Kopfhörer und GPS führen dazu, dass Mobiltelefone länger am Körper, und häufig in Nähe zum Genital, getragen werden. Die Spermatogenese ist besonders vulnerabel gegenüber elektromagnetischen Wellen und Wärme, wie sie oft von Mobiltelefonen abgegeben wird. Als Pathomechanismus wird dabei die Freisetzung freier, DNA-schädigender Radikale postuliert. Frühere Studien zeigten eine verminderte Motilität sowie eine verminderte Zahl vitaler Spermien, wenn Spermien elektromagnetischen Radiowellen ausgesetzt waren. In der von Kevin Y. Chu et al. am Desai Sethi Urology Institute der University of Miami, Florida, in den Vereinigten Staaten durchgeführten in-vitro-Studie wurden vormals unauffällige Spermienproben während sechs Stunden verschiedenen elektromagnetischen Strahlungen ausgesetzt (4G, 5G, WiFi Strahlung (WhatsApp Sprachanruf über das WiFi-Netz) oder gewöhnlicher Mobilfunkstrahlung). Verwendet wurde ein iPhone der neusten Generation, andere elektromagnetische Strahlung emittierende Geräte wurden während der Versuche ausgeschaltet. In einem zweiten Experiment wurde der Effekt von Distanz bzw. Abschirmungsmassnahmen untersucht. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnten keine negativen Auswirkungen von 4G- oder 5G-Strahlung auf Motilität und Vitalität der Spermien festgestellt werden. Im Gegensatz dazu zeigten Proben, welche WiFi-Strahlung ausgesetzt wurden, eine verminderte Motilität (totale Motilität 41% vs. 50%; p = 0,03; progressive Motilität 38% vs. 50%; p = 0,024). Ebenfalls konnte ein Unterschied in Bezug auf die Vitalität festgestellt werden (47% vs. 60%; p = 0,003). Die Exposition gegenüber elektromagnetischer Strahlung, wie sie bei Telefonie über das Mobilfunknetz emittiert wird, führte zu keiner Veränderung der Spermienproben. Die Verwendung einer Handyschutzhülle führte bei den Proben, welche WiFi-Strahlung ausgesetzt wurden, zu einem Erhalt der Mobilität, aber Reduktion der Vitalität (30% vs. 60%; p = 0,004). Wie die Autoren in der im Januar 2023 beim Fachjournal EUROPEAN UROLOGY FOCUS erschienenen Arbeit berichten, hatte ein Abstand von 15 cm zwischen Mobiltelefon und Probe weiterhin eine Reduktion der Motilität (totale Motilität 35% vs. 56%; p = 0,022; progressive Motilität 31% vs. 54%; p = 0,013) und Vitalität (40,5% vs. 65%; p = 0,002) zur Folge. (fa)

Autoren: Chu KY, Khodamoradi K, Blachman-Braun R, Dullea A, Bidhan J, Campbell K, Zizzo J, Israeli J, Kim M, Petrella F, Ibrahim E, Ramasamy R. Korrespondenz: Ranjith Ramasamy, Desai Sethi Urology Institute, University of Miami, 1150 NW 14th Street, Miami, FL 33136, USA. E-Mail: ranjithrama@gmail.com Studie: Effect of Radiofrequency Electromagnetic Radiation Emitted by Modern Cellphones on Sperm Motility and Viability: An In Vitro Study. Quelle: Eur Urol Focus. 2023 Jan;9(1):69-74. doi: 10.1016/j.euf.2022.11.004. Epub 2022 Nov 12. PMID: 36379868; PMCID: PMC9928907. Web: https://www.eu-focus.europeanurology.com/article/S2405-4569(22)00247-4/fulltext

KOMMENTAR Die Studie wurde als Pilotstudie designt, gemäss Autoren sind weitere Studien, auch an Tiermodellen, geplant. Entsprechend erlauben die aktuellen Resultate keine eindeutigen Rückschlüsse auf allfällige Einflüsse elektromagnetischer Strahlung auf die reine Spermatogenese, da in den Untersuchungsbedingungen nur reife, ejakulierte Spermien exponiert wurden.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital