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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Systemgenomik bei altersbedingter Makuladegeneration

MEDICAL RETINA Nijmegen – Ein internationales Autorenteam um Anneke I. den Hollander aus dem Department of Ophthalmology des Radboud University Medical Center in Nijmegen, Niederlande, stellt den derzeitigen Stand der Forschung in der Systemgenomik hinsichtlich altersbedingter Makuladegeneration (AMD) zusammen. Nachdem Genom-Studien zu AMD genetische Varianten identifiziert haben, die für den Großteil des AMD-Risikos verantwortlich sind, ist es wichtig in einem nächsten Schritt, die funktionellen Konsequenzen und nachgelagerten Effekte der identifizierten AMD-assoziierten genetischen Varianten zu verstehen. Entscheidend dafür sind „Omics“-Technologien, die eine Hochdurchsatz-Charakterisierung und Quantifizierung biologischer Moleküle ermöglichen und anschließend zu einer Integration von Genomik und diesen Omics-Datensätzen führen, ein Bereich, der als Systemgenomik bezeichnet wird. Sequenzierungsstudien an einzelnen Zellen der Retina und Choroidea zeigten, dass die Mehrheit der Kandidaten-Gene für AMD, die durch genomische Studien identifiziert wurden, in nicht-neuronalen Zellen exprimiert werden, wie das retinale Pigmentepithel (RPE), Glia, myeloide und choroidale Zellen. Das unterstreicht, dass viele verschiedene retinale und choroidale Zelltypen an der Pathogenese der AMD beteiligt sind. eQTL-Studien (Expression Quantitative Trait Locus) in Netzhautgewebe haben mutmaßliche ursächliche Gene identifiziert, indem sie eine genetische Überschneidung zwischen Genregulation und AMD-Risiko nachgewiesen haben. Die Verknüpfung genetischer Daten mit Komplementmessungen im Kreislaufsystem hat dazu beigetragen, die Wirkung von AMD-assoziierten genetischen Varianten im Komplementsystem zu verstehen. Dadurch können Protein-QTL (pQTL)-Studien in Plasma- oder Serumproben zum Verständnis der Wirkung genetischer Varianten beitragen und auf ursächliche Gene bei AMD hinweisen. In einer kürzlich durchgeführten epigenomischen Studie wurden kausale AMD-Varianten feinkartiert, indem regulatorische Regionen in RPE-Zellen bestimmt wurden, die sich aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC-RPE) differenziert hatten. Ein weiterer Ansatz, der verwendet wird, um ursächliche AMD-Gene zu lokalisieren, besteht darin, synthetische DNA-Anordnungen herzustellen, die Risiko- oder Schutzhaplotypen darstellen, welche dann in Zell- oder Tiermodellsystemen untersucht werden. Das Lokalisieren kausaler Gene und das Verständnis von Krankheitsmechanismen ist entscheidend für den nächsten Schritt zur klinischen Translation. Klinische Studien zu Proteinen, die von den AMD-assoziierten genomischen Loci C3, CFB, CFI, CFH und ARMS2/HTRA1 kodiert werden, laufen derzeit, und eine klinische Phase-III-Studie zur C3-Hemmung zeigte kürzlich eine mäßige Verringerung des Läsionswachstums bei geografischer Atrophie. Das EYERISK-Konsortium hat kürzlich einen Gentest für AMD entwickelt, der die Genotypisierung häufiger und seltener Varianten in AMD-assoziierten Genen ermöglicht. Polygene Risiko-Scores (PRS) werden angewendet, um das genetische AMD-Risiko zu quantifizieren, und können bei der Vorhersage der AMD-Progression helfen. Wie die Autoren in der Dezember-Ausgabe 2022 des Fachjournals EXP EYE RES zusammenfassen, stellen Genomstudien einen Wendepunkt in der Erforschung von AMD dar. Die Ergebnisse der genannten Forschungen dienen nun als treibende Kraft für mehrere weitere klinische Studien. Die Ausweitung auf Omik und Systemgenomik werde die Funktion und Kausalität der gefundenen Assoziationen weiter entschlüsseln und die Entwicklung von Therapien ermöglichen, die die Krankheitslast durch AMD verringern können. (bs)

Autoren: den Hollander AI, Mullins RF, Orozco LD, Voigt AP, Chen HH, Strunz T, Grassmann F, Haines JL, Kuiper JJW, Tumminia SJ, Allikmets R, Hageman GS, Stambolian D, Klaver CCW, Boeke JD, Chen H, Honigberg L, Katti S, Frazer KA, Weber BHF, Gorin MB. Korrespondenz: Anneke I. den Hollander, AbbVie, Genomics Research Center, Cambridge Research Center, 200 Sidney Street, Cambridge, MA, 02139, USA. E-Mail: anneke.denhollander@abbvie.com Studie: Systems genomics in age-related macular degeneration. Quelle: Exp Eye Res. 2022 Dec;225:109248. doi: 10.1016/j.exer.2022.109248. Epub 2022 Sep 13. PMID: 36108770. Web: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0014483522003281