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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Komorbiditäten haben stärkeren Einfluss auf postinterventionelle Langzeitnierenfunktion als Ischämiezeit

 

RENAL CANCER Philadelphia – «Die Uhr tickt, jede Sekunde zählt, wir müssen abschliessen, damit wir die Klemmen entfernen können». Sätze und Gedanken, welche während einer Nierenteilentfernung jedem Urologen bekannt vorkommen dürften. In der Literatur mehren sich zuletzt jedoch die Hinweise, dass die Art sowie Dauer der Ischämie einen geringeren Effekt auf die postoperative Nierenfunktion haben könnte, als uns das geläufige Dogma glauben lassen will. Kevin B. Ginsburg, Jared P. Schober und Alexander Kutikov aus dem Department of Surgical Oncology, Division of Urologic Oncology am Fox Chase Cancer Center in Philadelphia, Vereinigte Staaten, legen dazu folgende Studie vor. Eine besondere Patientenkohorte von 65 Patienten, welche sich mehrere Jahre nach initialer Nierenteilentfernung einer Nephrektomie unterziehen musste, wurde in mehrere Gruppen in Abhängigkeit von der Dauer der Ischämie (weniger bzw. mehr als 25 Minuten) und dem Typ der Ischämie (kalt bzw. warm) eingeteilt. Nach histologischer Aufarbeitung des nicht von Tumor befallenen Nierengewebes zeigte sich keine signifikanten Gewebeveränderungen im Bezug auf chronische Niereninsuffizienz-Scores zwischen den Gruppen. Allerdings zeigte sich eine deutliche Verschlechterung dieser Scores bei partieller und totaler Nephrektomie in Abhängigkeit von der Komorbiditäten, so dass postuliert werden kann, dass eher Komorbiditäten als Dauer und Typ der Ischämie zu chronischen Veränderungen auf zellulärer Ebene beitragen. Diese Erkenntnisse sind vereinbar mit früheren Studien, welche keinen signifikanten Effekt auf die Nierenfunktion nach 6 Monaten aufzeigen konnten zwischen einer Gruppe mit off-clamp partieller Nephrektomie (0 min Ischämiezeit) verglichen mit einer Gruppe mit Ischämiezeit von bis zu 14 Minuten. Die menschliche Niere scheint ein robustes Organ mit in den meisten Fällen guter Erholungsfähigkeit nach Ischämie zu sein. Die Identifikation von Prädiktoren, welche eine progressive Verschlechterung der Nierenfunktion nach Ischämie voraussagen, gestaltet sich allerdings schwierig, so dass die Ischämiezeit so kurz wie möglich gehalten werden sollte, ohne dabei allerdings Abstriche bei Resektion und Hämostase zu machen. (fa)

Autoren: Ginsburg KB, Schober JP, Kutikov A. Korrespondenz: Kevin B. Ginsburg, Department of Surgical Oncology, Division of Urologic Oncology, Fox Chase Cancer Center, Temple University Health System, 333 Cottman Avenue, Philadelphia, PA 19111, USA. E-Mail: kevin.ginsburg@fccc.edu Studie: Ischemia Time Has Little Influence on Renal Function Following Partial Nephrectomy: Is It Time for Urology to Stop the Tick-Tock Dance? Quelle: Eur Urol. 2022 May;81(5):501-502. doi: 10.1016/j.eururo.2022.01.036. Epub 2022 Feb 12. PMID: 35168843. Web: https://www.europeanurology.com/article/S0302-2838(22)00076-8/fulltext

KOMMENTAR Die Hauptaussage lautet zusammenfassend, dass eine kurze Ischämiezeit nie auf Kosten der onkologischen Qualität angestrebt werden sollte und Komorbiditäten möglicherweise einen stärkeren Einfluss auf die postinterventionelle Langzeitnierenfunktion haben als die reine Dauer der Ischämie.

Autor: Dr. med. Fabian Aschwanden, Assistenzarzt Luzerner Kantonsspital