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Fachverlag und Nachrichtenagentur

Ejakulationsstörungen bei männlichen Krebspatienten: Systematische Prävalenzüberprüfung

ANDROLOGY Khartoum – Ejakulatorische Dysfunktion (EjD) und erektile Dysfunktion (ED) nach einer Krebstherapie sind wichtige Nebenwirkungen/Komplikationen, über die dennoch relativ selten publiziert wird. Insbesondere sind diese Nebenwirkungen selten das primäre Ziel einer Analyse im Rahmen prospektiver Studien. Daher hat das Team um Damiano Pizzol aus der Italian Agency for Development Cooperation in Khartoum, Sudan, in dieser systematischen Übersichtsarbeit mittels Meta-Analyse alle verfügbaren und relevanten Publikationen (prospektiv und retrospektiv) verwendet, um zumindest gepoolte Abschätzungen zur Prävalenz von EjD und ED zu präsentieren. Es wurden 64 Studien mit 10.057 Teilnehmern ausgewertet. Es zeigte sich, dass die häufigsten Krebsarten mit verfügbaren Prävalenzdaten in dieser Arbeit Harnblase (3), Dickdarm (3), Prostata (7), Hoden (43) und Rektum (15) waren, und die Autoren haben sich schliesslich auf diese Entitäten fokussiert. Die gepoolten Gesamtdaten der eingeschlossenen Studien zeigten eine EjD-Prävalenz (über alle Behandlungsarten hinweg) von 13%, wobei die höchste Prävalenz bei der Kombination aus Chirurgie und Strahlentherapie (45%) lag, und die niedrigste bei der Chirurgie und Chemotherapie (11%). Die retrograde Ejakulation lag über alle Behandlungsarten hinweg bei 45%. Bei der Ejaculatio praecox lag die gepoolte Gesamtprävalenz bei 11%. Die Prävalenz des trockenen Orgasmus war am höchsten nach Behandlung des Harnblasenkarzinoms (100%) und die Prävalenz der erektilen Dysfunktion war am häufigsten nach der Behandlung des Prostatakarzinoms zu finden (57%). (cw/um)

Autoren: Pizzol D, Trott M, Grabovac I, Yang L, Barnett Y, Parris C, McDermott DT, Veronese N, Kronbichler A, Ghayda RA, Soysal P, Jacob L, Tully MA, Koyanagi A, Law CT, Kaya C, Thirumavalavan N, Loeb A, Garolla A, Park S, Shin JI, Ilie PC, Smith L. Korrespondenz: Jae Il Shin, Department of Pediatrics, Yonsei University College of Medicine, 50 Yonsei-ro, Seodaemun-gu, C.P.O. Box 8044, Seoul 03722, Republic of Korea. E-Mail: shinji@yuhs.ac Studie: Ejaculation Disorders in Male Patients with Cancer: A Systematic Review and Meta-Analysis of Prevalence. Quelle: J Urol. 2021 Dec;206(6):1361-1372. doi: 10.1097/JU.0000000000002136. Epub 2021 Jul 21. PMID: 34288714. Web: https://www.auajournals.org/doi/full/10.1097/JU.0000000000002136

Kommentar

Obwohl diese Analyse aus der Dezember-Ausgabe 2021 des JOURNAL OF UROLOGY eine sehr wichtige Nachricht liefert, nämlich dass EjD und ED sehr häufige Nebenwirkungen nach einer Tumortherapie sind, sind die Ergebnisse leider limitiert durch die inkongruente Gewichtung der Studien, mit einem Fokus auf Hodentumore. Darüber hinaus sind in dieser Analyse zum grössten Teil Studien mit Tumoren der Beckenregion inkludiert, weshalb angesichts der Pathophysiologie von EjD und ED diese hohe Prävalenz zu erwarten ist. Dennoch sind die Daten für die Beratung sehr relevant, und zeigen auf, dass offene Gespräche vor der Krebsbehandlung, mit Erfassung der Erwartungshaltung der Patienten und schliesslich eine realistische Darlegung der zu erwartenden Raten von EjD und ED hoch relevant sind. Insbesondere junge Männer mit Kinderwunsch sollten über die Auswirkungen hinsichtlich eventueller Familienplanung aufgeklärt werden, und das Angebot einer Spermienasservation sollte Teil jeder Routine für in Frage kommende Männer sein. (cw)

Autor: Dr. med. Christoph Würnschimmel, Oberarzt Luzerner Kantonsspital