Internationale Klassifikation der Frühgeborenenretinopathie: Neu überarbeitete, dritte Edition

PEDIATRICS & STRABISM Bethesda – Die Internationale Klassifikation der Frühgeborenenretinopathie ist ein Konsensdokument, welches eine Standardnomenklatur für die Klassifikation der Frühgeborenenretinopathie (ROP) schafft. Es wurde erstmals 1984 veröffentlicht, 1987 erweitert und 2005 überarbeitet. Nun legen Michael F. Chiang vom National Eye Institute in Bethesda im Bundesstaat Maryland, USA, und das internationale Expertenkomitee die dritte Überarbeitung vor: International Classification of Retinopathy of Prematurity, Third Edition (ICROP3). Die Überarbeitung war aufgrund verschiedener Herausforderungen nötig geworden: (1) Bedenken hinsichtlich der Objektivität bei wesentlichen Elementen der Krankheitsklassifikation, (2) Innovationen in der ophthalmologischen Bildgebung, (3) neue pharmakologische Therapien (z. B. antivaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor-Medikamente) mit einzigartigen Regressions- und Reaktivierungsmerkmalen nach der Behandlung im Vergleich zu ablativen Therapien und (4) die Erkenntnis, dass ROP-Muster in einigen Regionen der Welt nicht genau in das Klassifikationssystem passen. Im März 2019 wurde das internationale ROP-Expertenkomitee aus 17 Ländern zusammengestellt, bestehend aus 14 Kinderophthalmologen und 20 Netzhautspezialisten, davon 12 Frauen und 22 Männern. Sie überprüften die evidenzbasierte Literatur und trugen die Expertenmeinungen zusammen. Die Gruppe war zunächst in drei Unterkomitees unterteilt (akute Phase, Regression oder Reaktivierung und Bildgebung), die jeweils wiederholt Videokonferenzen und ein Online-Forum nutzten, um die wichtigsten Herausforderungen und Ansätze zu identifizieren. Anschliessend nutzte das gesamte Komitee wiederholt Videokonferenzen, zwei mehrtägige persönliche Treffen und ein Online-Forum, um einen Konsens über die Klassifizierung zu erzielen. Das ICROP3 behält die aktuellen Definitionen wie Zone (Krankheitsort), Stadium (Erscheinung der Krankheit am avaskulären-vaskulären Übergang) und zirkumferenzielle Ausdehnung der Krankheit bei. Zu den wichtigsten Aktualisierungen der ICROP3 gehören verfeinerte Klassifikationsmetriken (z. B. posteriore Zone II, Notch, Unterkategorien von Stadium 5 und die Erkenntnis, dass ein kontinuierliches Spektrum an Gefässanomalien von normal bis Plus-Erkrankung existiert). Zu den Aktualisierungen gehört auch die Definition der aggressiven ROP als Ersatz für die aggressiv-posteriore ROP, da zunehmend erkannt wird, dass aggressive Erkrankungen bei grösseren Frühgeborenen und über die hintere Netzhaut hinaus auftreten können, insbesondere in Regionen der Welt mit begrenzten Ressourcen. Ebenso werden die Themen ROP-Regression und Reaktivierung ausführlich behandelt, mit zusätzlicher Beschreibung von Langzeitfolgen. Wie in der Oktober-Ausgabe 2021 des Fachjournals OPHTHALMOLOGY dargelegt, geht das Expertenkomitee davon aus, dass ihre Arbeit an der neuen ROP-Klassifikation die Qualität und Standardisierung der ROP-Versorgung weltweit verbessern und eine Grundlage für die Verbesserung von Forschung und klinischer Versorgung bilden kann. (bs)

Autoren: Chiang MF, Quinn GE, Fielder AR, Ostmo SR, Paul Chan RV, Berrocal A, Binenbaum G, Blair M, Peter Campbell J, Capone A Jr, Chen Y, Dai S, Ells A, Fleck BW, Good WV, Elizabeth Hartnett M, Holmstrom G, Kusaka S, Kychenthal A, Lepore D, Lorenz B, Martinez-Castellanos MA, Özdek Ş, Ademola-Popoola D, Reynolds JD, Shah PK, Shapiro M, Stahl A, Toth C, Vinekar A, Visser L, Wallace DK, Wu WC, Zhao P, Zin A. Korrespondenz: Michael F. Chiang, MD, National Eye Institute, National Institutes of Health, Building 31, Room 6A03, 31 Center Drive, MSC 2510, Bethesda, MD 20892, USA. E-Mail: michael.chiang@nih.gov Studie: International Classification of Retinopathy of Prematurity, Third Edition. Quelle: Ophthalmology. 2021 Oct;128(10):e51-e68. doi: 10.1016/j.ophtha.2021.05.031. Epub 2021 Jul 8. PMID: 34247850. Web: https://www.aaojournal.org/article/S0161-6420(21)00416-4/fulltext