Rückgang dringender und akuter vitreoretinaler Eingriffe während der COVID-19-Pandemie in den USA
COVID-19 / SURGICAL RETINA New York – Die American Academy of Ophthalmology (AAO) hat darauf hingewiesen, dass dringende oder akute vitreoretinale chirurgische Eingriffe während der Pandemie der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) weiterhin durchgeführt werden sollten. Obwohl ausserhalb der Augenheilkunde eine Abnahme der Häufigkeit kritischer Eingriffe berichtet wurde, sind diese Analysen durch Anzahl, Regionalität und das gewählte Zeitfenster nur begrenzt aussagekräftig. Das US-amerikanische Autorenteam um Mark P. Breazzano aus dem Edward S. Harkness Eye Institute am New York-Presbyterian Hospital des Columbia University Irving Medical Center in New York untersuchte, ob sich die Häufigkeit augenchirurgischer Eingriffe, die von der AAO als dringend oder akut erachtet wurden, in den Vereinigten Staaten während der COVID-19-Pandemie verändert hat. Insgesamt nahmen 17 Einrichtungen mit vitreoretinalen Eingriffen an dieser multizentrischen Querschnittsstudie teil. Die Anzahl von elf in Rechnung gestellten vitreoretinalen Current Procedural Terminology (CPT)-Codes wurde zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Mai 2020 pro Woche in jeder Einrichtung erhoben. Die Daten wurden folgenden Gruppen zugeordnet: intravitreale Injektionen (Code 67028), Laser und Kryotherapie (Codes 67141, 67145 und 67228), Therapie von Netzhautablösungen (Codes 67107, 67108, 67110 und 67113) und andere Vitrektomien (Codes 67036, 67039 und 67040). Die Institutionen wurden nach Region (Nordosten, Mittlerer Westen, Süd- und Westküste), Institutionsart (akademisch oder privat) und gegebenenfalls gültiger Verordnung im jeweiligen Bundesstaat, zuhause zu bleiben, kategorisiert. Hauptzielparameter war die nationale Änderung der Abrechnungshäufigkeit für dringende oder akute vitreoretinale Eingriffe während der COVID-19-Pandemie. Insgesamt wurden 526.536 CPT-Codes ermittelt: 483.313 Injektionen, 19.257 Laser oder Kryotherapie-Anwendungen, 14.949 Therapien einer Netzhautablösung und 9.017 andere Vitrektomien. Im Vergleich zu 2019 wurde vom 30. März bis 2. Mai 2020 ein Rückgang der Injektionen pro Woche in den Institutionen beobachtet, mit einer maximalen Verminderung um 38,6% vom 6. bis 12. April 2020 (p = 0,002). Ebenso wurde eine wöchentliche Abnahme über einen längeren Zeitraum, zumindest bis zum Studienabschluss (16. März bis 31. Mai 2020), beobachtet hinsichtlich Laser und Kryotherapie-Anwendungen, mit einer maximalen Abnahme von 79,6 % vom 6. bis 12. April 2020 (p < 0,001), für Therapien der Netzhautablösung, mit einer maximalen Abnahme von 59,4 % vom 13. bis 19. April 2020 (p < 0,001) und für andere Vitrektomien mit einer maximalen Abnahme von 84,3% vom 6. bis 12. April 2020 (p < 0,001). Dabei wurden keine Unterschiede je nach Region, Institutionsart oder gültiger Verordnung im jeweiligen Bundesstaat zuhause zu bleiben festgestellt. Die Autoren halten in der April-Ausgabe 2021 des JAMA OPHTHALMOLOGY fest, dass obwohl die AAO die fortgesetzte Durchführung dringender oder akuter vitreoretinaler chirurgischer Eingriffe befürwortete, die Häufigkeit solcher Eingriffe im ganzen Land einen erheblichen Rückgang erfuhr, der nach der anfänglichen exponentiellen Wachstumsphase der COVID-19-Pandemie anhalten könnte. Dieser Rückgang scheint unabhängig von der Region, der Institutionsart und den bundesstaatlichen Verordnungen für den Aufenthalt zu Hause zu sein. Es sei nicht bekannt, inwieweit die vitreoretinalen Interventionen ohne AAO-Empfehlungen zurückgegangen wären und welche Auswirkungen der Rückgang der Eingriffe auf das Outcome der Patienten habe. Obwohl die Sicherheit während der COVID-19-Pandemie von grösster Bedeutung sei, sollten die Institutionen nach Auffassung der Autoren in Erwägung ziehen, prioritär für die Therapie von hoch dringlichen Situationen zur Verfügung zu stehen, bis die zugrunde liegenden Ursachen für die Reduzierung vollständig erkannt sind. (bs)
Autoren: Breazzano MP, Nair AA, Arevalo JF, Barakat MR, Berrocal AM, Chang JS, Chen A, Eliott D, Garg SJ, Ghadiali Q, Gong D, Grewal DS, Handa JT, Henderson M, Leiderman YI, Leng T, Mannina A, Mendel TA, Mustafi D, de Koo LCO, Patel SN, Patel TP, Prenner J, Richards P, Singh RP, Wykoff CC, Yannuzzi NA, Yu H, Modi YS, Chang S. Korrespondenz: Mark P. Breazzano, MD, Wilmer Eye Institute, Johns Hopkins Hospital, 600 N Wolfe St, Baltimore, MD 21287, USA. E-Mail: mbreazz1@jhmi.edu Studie: Frequency of Urgent or Emergent Vitreoretinal Surgical Procedures in the United States During the COVID-19 Pandemic. Quelle: JAMA Ophthalmol. 2021 Apr 1;139(4):456-463. doi: 10.1001/jamaophthalmol.2021.0036. PMID: 33662093; PMCID: PMC7934075. Web: https://jamanetwork.com/journals/jamaophthalmology/fullarticle/2777180