Over-Screening bei Patienten mit eingeschränkter Lebenserwartung in USA nachgewiesen
Chapel Hill – mechentel news – Für Patienten mit einer begrenzten Lebenserwartung ist der Nutzen routinemässiger Screeninguntersuchungen auf Krebserkrankungen nicht erwiesen. Die Autoren Trevor J. Royce et al. aus der Abteilung für Radioonkologie an der University of North Carolina in Chapel Hill, USA, untersuchten den Einsatz von Screeninguntersuchungen auf Prostata-, Mamma-, Zervix- und Kolorektalkarzinom in den Vereinigten Staaten bei Individuen mit unterschiedlichen Lebenserwartungen. Sie nutzten dazu Daten des bevölkerungsbasierten National Health Interview Survey (NHIS) von 2000 bis 2010 und schlossen insgesamt 27404 Probanden im Alter von 65 Jahren oder älter ein. Unter Verwendung eines validierten, NHIS-spezifischen Mortalitätsindex wurden die Probanden in Gruppen mit niedrigem (<25%), mittlerem (25-49%), hohem (50-74%) und sehr hohem (≥75%) Risiko einer 9-Jahres-Mortalität eingeteilt. Die primären Endpunkte der Studie stellten die Anteile dar, bei denen ein Screening auf Prostata-, Mamma-, Zervikal- und Kolorektalkarzinom durchgeführt wurde. Von den Patienten mit einem sehr hohen Mortalitätsrisiko erhielten 31% bis 55% ein kürzliches Krebsscreening, wobei das Prostata-Screening am häufigsten erfolgte (55%). Bei Frauen, die wegen einer benignen Erkrankung hysterektomiert worden waren, wurde in 34% bis 56% ein Papanicolaou-Test innerhalb der letzten 3 Jahre durchgeführt. Bei multivariaten Analysen ergab sich, dass verglichen mit niedrigem Mortalitätsrisiko bei einem sehr hohen Risiko weniger Screening auf Prostata-Ca (Odds Ratio [OR] 0,65; 95% KI 0,50-0,85), Mamma-Ca (OR 0,43; 95% KI 0,35-0,53) und Cervix-Ca (OR 0,50; 95% KI 0,36-0,70) durchgeführt wurde. In den letzten Jahren wurden weniger Screenings auf Prostata- und Zervixkarzinom durchgeführt als im Jahr 2000. Es gab keine signifikante Beziehungen zwischen Kalenderjahr und Mortalitätsrisiko für irgendeines der Karzinomscreenings (p > 0.05 für alle Krebsarten). Die Sensitivitätsanalyse zeigte, dass auch bei Individuen mit einer Lebenserwartung von unter 5 Jahren ein Screening üblich war. Die Autoren fassen in der Oktober-Ausgabe des JAMA Intern Medicine zusammen, dass ein erheblicher Anteil der US-Bevölkerung mit begrenzter Lebenserwartung Screenings auf Prostata-, Mamma-, Zervix- und Kolorektalkarzinom erhielt, die wahrscheinlich nicht zu einem Vorteil für die Patienten führten. Die Ergebnisse zeigten, dass ein übermässiges Screening sowohl bei Männern als auch Frauen weit verbreitet sei, was nicht nur die Kosten im Gesundheitssystem steigere, sondern auch insgesamt zu unnötigen Beeinträchtigungen der Patienten führen könne.(bs)
Autoren: Royce TJ, Hendrix LH, Stokes WA, Allen IM, Chen RC. Studie: Cancer screening rates in individuals with different life expectancies. Quelle: JAMA Intern Med. 2014 Oct 1;174(10):1558-65. doi: 10.1001/jamainternmed.2014.3895. Web: http://archinte.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=1897549#Abstract.